Leitartikel

Zurück zu den Wurzeln?

sb - Auch in Zeiten des Internet bleibt das Telefon für Banken und Sparkassen ein wichtiger Kanal in der Kommunikation mit dem Kunden. Bei Neuerungen im telefonischen Service stand gleichwohl nicht immer das Kundeninteresse Pate. So versuchte man zwar, der Kundschaft die Einführung der Call-Center mit Betriebszeiten schmackhaft zu machen, die über die Öffnungszeiten der Filialen hinausgehen. Auch sind die "Antwortzeiten" bis der Anruf entgegengenommen wird, meist deutlich kürzer als in der Geschäftsstelle. Und doch waren es oft eher Erwägungen hinsichtlich Kosten und effizienteren Prozessen, die bei der Einführung von Call-Centern den Ausschlag gaben. Die Kundenbetreuer in den Filialen sollen sich nicht zwischen der Beantwortung telefonischer Anfragen und den Wünschen der Kunden vor Ort aufteilen müssen. Vielmehr sollen sie von Standardanfragen befreit werden, damit sie sich auf die Beratung und damit Ertrag versprechende Kundenkontakte konzentrieren können.

Der Kunde versteht dies allen Marketingverlautbarungen zum Trotz sehr wohl. Und im Grundsatz gilt nach wie vor das, was Rüdiger Szallies auf dem Privatkundenforum dieser Zeitschrift immer wieder betonte: Kunden hassen Call-Center. Solange es um Standardfragen wie Kontostandsabfragen, Kartensperren, Ersatz für abhanden gekommene Karten und Ähnliches mehr geht, die das Call-Center fallabschließend erledigen kann, akzeptieren die Kunden dieses "Abgeschoben-Werden" jedoch klaglos. Für schwierigere Fälle bleibt zumindest denjenigen, die gelegentlich in die Beratung kommen, ein Schlupfloch: die Durchwahl des persönlichen Ansprechpartners. Der mag dann zwar nicht zuständig sein, wird "seinen" Kunden aber nicht verprellen wollen und sich um dessen Anliegen kümmern.

Mit dem Telefonbanking ist es noch einmal eine ganz andere Sache. In dem Maße, wie sich die Kreditinstitute darum bemühen, ihre Call-Center für höherwertige Aufgaben einzusetzen und hier mittlerweile auch die Bearbeitung von E-Mail-Anfragen angesiedelt haben, ist der Transaktionsservice vielerorts auf Sprachcomputer verlagert worden. Und die haben bekanntermaßen immer noch ihre Tücken; die Bedienung ist längst nicht so komfortabel, wie es Marketingmaterialien glauben machen wollen. Allein auf den automatisierten Service zu setzen, ist deshalb riskant, wenngleich wirtschaftliche Erwägungen dafür sprechen mögen. Die von einigen Häusern gewählte Variante, den Kunden die Wahl zu lassen zwischen einem kostenfreien Telefonbanking per Sprachcomputer und einem gebührenpflichtigen persönlichen Service, ist da sicher der bessere Weg. Schließlich wird das Telefonbanking ohnehin primär von solchen Kunden genutzt, die kein (reines) Onlinekonto wollen und dafür in der Regel auch entsprechende Kosten zu tragen bereit sind.

Große Hoffnung hat die Branche in den letzten Jahren auf die "Outbound-Aktivitäten" der Call-Center gesetzt. Diese aktive Kundenansprache hat aber unter den Aktivitäten Schwarzer Schafe vor allem aus den Bereichen Glücksspiel und Telekommunikation zu leiden. Das hat zu verschärften rechtlichen Restriktionen geführt, zum anderen auch die Akzeptanz der Kunden gegenüber solchen Anrufen stark beeinträchtigt. Und noch in anderer Hinsicht wurden manche Erwartungen enttäuscht. So sind die Call-Center beispielsweise bei der (aktiven) Vereinbarung von Beratungsterminen recht erfolgreich. Wie im Markt zu hören ist, ist die Termintreue der Kunden in diesen Fällen aber deutlich geringer als dann, wenn das Gespräch mit dem Berater selbst vereinbart wurde. Der aktive Anruf durch den persönlichen Ansprechpartner wird auch weit weniger als ungewollte Werbung verstanden. Dass "Outbound" rechtlich immer schwieriger wird, ist insofern vielleicht eine gute Gelegenheit, einen Kompromiss zu finden zwischen wirtschaftlichen Zwängen einerseits und dem Wunsch des Kunden nach persönlichen Ansprechpartnern. Für die Call-Center hieße das: Zurück zu den Wurzeln.

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