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Angriff auf die Provisionen

Für die Lebensversicherer wird es zunehmend schwieriger, die den Kunden zugesagten Garantien zu erwirtschaften. Wenig überraschend, dass dies zu allerlei Gedankenspielen führt.

Dabei geht es zum einen um die Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven. Hier hält die BaFin eine Änderung der bestehenden Regelung nach wie vor für sinnvoll, um in Zeiten niedriger Zinsen einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Erfüllbarkeit der Zinsgarantien zu leisten und die Interessen ausscheidender und verbleibender Versicherungsnehmer ausgleichen. Denn nach den derzeitigen, seit 2008 geltenden Vorschriften müssen die Unternehmen ausgerechnet dann, wenn die Zinsen niedrig sind, hohe Auszahlungen an die ausscheidenden Versicherungsnehmer leisten - zum Nachteil derer, deren Verträge erst später fällig werden.

Beteiligung an den Bewertungsreserven: Neuregelung nur vertagt?

In der vergangenen Legislaturperiode kam es zwar nicht zu einer Neuregelung. Vielmehr hat die Bundesregierung noch am 3. September davor gewarnt, die Situation der mit dem niedrigen Zinsniveau kämpfenden Lebensversicherer schlechtzureden und Ängste zu schüren. Es sei zwar nicht zu bestreiten, dass die Erreichung ausreichender Renditen angesichts des niedrigen Zinsniveaus schwierig sei. Die Lebensversicherungswirtschaft sei aber "insgesamt so aufgestellt, dass sie auch über einen längeren Zeitraum mit dem niedrigen Zinsumfeld klarkommen könne", heißt es der Pressemitteilung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags.

Damit muss das Thema aber nicht vom Tisch sein. Das jüngste Urteil des BGH zu den Rückkaufswerten älterer Verträge, mit dem manche Erwartungen enttäuscht wurden, macht deutlich, dass die Leistungsfähigkeit der Branche als nicht unbegrenzt eingestuft werden. So ist es durchaus möglich, dass es in der neuen Legislaturperiode doch noch zu einer Änderung kommt. Das würde es der Branche zweifellos erleichtern, ihre Garantieversprechen zu erfüllen - und gleichzeitig wieder Kritiker auf den Plan rufen, die von einem Geschenk an die Assekuranz zulasten der Versicherten sprechen.

Keine Denkverbote

In dieser Situation, in der das Geschäft für die Anbieter schwieriger und das Produkt für die Kunden weniger rentierlich wird, erhebt sich fast zwangsläufig die Frage nach den Vertriebsprovisionen. Warum müssen Versicherer und Kunden den Gürtel enger schnallen, während bei den Vermittlern alles beim Alten bleibt, so die Frage.

Es ist deshalb richtig, wenn der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) e.V., Berlin, sich proaktiv mit einer möglichen Begrenzung von Vertriebsprovisionen in der Lebensversicherung befasst - wie es sie in der Vergangenheit bereits gab. Erst 2008 war eine entsprechende aufsichtsrechtliche Begrenzung - übrigens gegen den ausdrücklichen Wunsch der Branche - von der BaFin aufgehoben worden.

Einen konkreten Vorschlag zur Begrenzung der Provisionen gibt es nicht, die Diskussion stehe erst am Anfang, heißt es vom Verband. Es dürfe aber "keine Denkverbote" geben.

Natürlich muss das den Vertrieben nicht gefallen. Dass eine Begrenzung der Provisionen für die Vermittler (und gerade bei Lebens- und Rentenversicherungen auch für die Kreditinstitut, die hier ihre Stärke haben), schmerzlich ist, ist unbestritten. Wenn der Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa (Votum) e.V., Hamburg, in einer Pressemitteilung wettert: "Vermittlervergütungen sind kein Steinbruch für die Versicherer, um die wegen der niedrigen Kapitalmarktzinsen schwachen Renditen aufzubessern", schießt das aber vielleicht doch etwas übers Ziel hinaus. Denn darum geht es gar nicht.

Vertrauensbildende Maßnahme

Eine Begrenzung der Vertriebskosten wäre schließlich kein willkürlicher Eingriff in die leistungsgerechte Vergütung der Vermittler, mit dem die Anbieter ihre Marge aufbessern wollen, sondern nicht zuletzt eine vertrauensbildende Maßnahme, die dem Image der Branche beziehungsweise ihrer Produkte - und damit letztlich auch den Vermittlern zugutekommt.

Und auch wenn der GDV ausdrücklich betont, dass man die nun angestoßene Diskussion nicht deshalb eröffnet habe, um einer gesetzlichen Regulierung (wie bei der Provisionsdeckelung im PKV-Bereich) zuvorzukommen, wäre es doch nicht auszuschließen, dass der Gesetzgeber auch an dieser Stelle eingreift, wenn er sich veranlasst sehen sollte, an der Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven etwas zu ändern.

Auf den Dialog mit der Politik vorbereiten

Beides zusammen wäre aber ein fatales Signal.

Auf ein Zusammenstreichen der Vermittlervergütungen könnten die Vertriebe schließlich mit der Erhebung von Beratungshonoraren reagieren - ähnlich wie Reisebüros den Ausfall von Provisionen der Fluggesellschaften über neue Kundengebühren kompensiert haben.

Wenn aber gleichzeitig das Produkt für den Kunden (wenigstens scheinbar) weniger attraktiv wird, weil in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass die Versicherer ihre seit langem suspekten "geheimen Töpfe" doch wieder für sich behalten dürfen, dann kommen die Berater in Erklärungsnot - und die Altersvorsorge der Deutschen ins Wanken.

Beides zugleich ist also unbedingt zu vermeiden. Schon von daher ist es richtig, dass der GDV versucht, für den kommenden Dialog mit der Politik eine gemeinsame Position der Branche zu finden. Nur dann kann Lobbyarbeit erfolgreich sein.

Ganz auf Nettotarife einerseits und Honorarberatung andererseits setzen - wie es etwa die Quirin Bank vorschlägt - will auch GDV-Präsident Alexander Erdland nicht. Und hier wird auch die Politik Augenmaß bewahren (müssen). Bei einem kompletten Provisionsverbot würden Vorsorgeprodukte vermutlich vielfach nur noch ohne Beratung im Direktvertrieb abgeschlossen werden - oder eben auch gar nicht, mit entsprechenden Folgen für die Altersversorgung einer nicht gerade wertpapieraffinen Bevölkerung. Angesichts solcher Perspektiven wäre eine Provisionsobergrenze vermutlich für alle Beteiligten die besssere Lösung.

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