Blickpunkte

Anlageberatung - Frankfurter Volksbank: unverdient betroffen

Die Kreditwirtschaft zählt mit zu den am stärksten regulierten Banken in Deutschland, konstatiert Hans-Joachim Tonnelier, der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Volksbank, mit Blick auf das Thema Kreditvergabe. Wenngleich in seinem Haus die Kreditvergabe nicht stockt, zeigt er deshalb Verständnis für Kollegen, die - auch um persönliche straf- und zivilrechtliche Konsequenzen zu vermeiden - den Weg des geringsten Risikos gehen, im Zweifelsfall also die Bonität eines Kreditnehmers eher zu kritisch als zu wohlwollend bewerten.

Von der zunehmenden Regulierung betroffen sieht Tonnelier sein Haus vor allem im Blick auf die neuen Vorschriften zum Anlegerschutz, mit denen - typisch deutsch, wie er meint - deutlich überzogen werde. Arbeitsanweisungen von mittlerweile rund 5 000 Seiten für die Berater seien die Folge.

Beim Thema Falschberatungen ist die Frankfurter Volksbank zwar bisher "ohne Blessuren" davongekommen. Lehman-Zertifikate etwa oder auch die eine Weile so verbreiteten Koppelprodukte aus Festgeldanlagen und Fonds hatte die Bank nie vertrieben. Schadenersatzansprüche oder -klagen gegen sie laufen deshalb nicht, was Tonnelier sicher nicht ganz zu Unrecht als Beleg dafür wertet, dass immer behutsam und seriös beraten wurde.

Dass man unter den neuen Vorschriften mitleiden muss, wird unter diesen Umständen als besonders bitter empfunden. Der Aufwand durch die neuen Dokumentationspflichten sei "erheblich".

Und das bleibt auch nicht ohne Konsequenzen für den Kunden: Angesichts des formalen Aufwands könne die Wertpapierberatung nicht mehr normalen Beratern zugewiesen werden. Die Frankfurter haben sie deshalb in drei Wertpapierfachzentren konzentriert. Und in der Telefonberatung (die immerhin weiterhin angeboten wird), sichert man sich durch Aufzeichnung der Gespräche ab.

An den von Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner ins Gespräch gebrachten "Beipackzetteln" für Finanzprodukte hat Tonnelier erhebliche Zweifel hinsichtlich ihres Nutzwerts. Schließlich drängt sich dem Patienten beim Lesen der Beipackzettel der Pharmaindustrie oft genug der Verdacht auf, dass er besser überhaupt keine Medikamente einnehmen sollte. Ganz ohne kommt man aber nun einmal manchmal nicht aus. Ähnliches befürchtet er auch für die Finanzbranche: Anbieter können sich durch solche Informationsblätter möglicherweise besser absichern - nach dem Motto: "Wir haben Euch gewarnt." Dem Kunden ist damit aber letztlich wenig gedient. sb

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