Blickpunkte

Datenschutz - Falsche Emotionalität?

Kaum hat sich die öffentliche Aufregung über Datenschutzmängel bei Kartenzahlungen gelegt, schon machte der Nachrichtensender NDR Info erneut mit einem Bericht zum Thema Datenschutz Schlagzeilen, diesmal mit der Hamburger Sparkasse als Sündenbock. Ihr wird vorgeworfen, zum Zwecke des effektiveren Vertriebs psychologische Profile ihrer Kunden erstellt zu haben. So seien die Kunden in sieben Kategorien wie Bewahrer, Hedonisten oder Abenteurer unterteilt und jeder dieser Gruppe bestimmte Argumentationsstrategien zugeordnet worden. Der Sparkasse wird deshalb unterstellt, "indem man sich ins Gehirn hineinschleimt, Vertrauen zu finden und den Verbraucher in einer Weise zu beeinflussen, die nicht in seinem Interesse ist", so Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Die Haspa hat verständlicherweise sofort reagiert. Das Programm "Sensus" wurde sofort eingestellt. Alle gewonnenen Erkenntnisse wurden in den Systemen gelöscht, ließ die Sparkasse umgehend wissen. Ein Schuldanerkenntnis will man damit aber nicht verbunden wissen. Denn das Konzept sei nur genutzt worden, um die Bedürfnisse der Kunden noch besser zu verstehen und sei somit im Interesse der Kunden gewesen.

Damit legt die Haspa den Finger genau auf den zentralen Punkt: In einem Umfeld, in dem die Öffentlichkeit von der Kreditwirtschaft vehement eine bedarfsorientierte Beratung einfordert, muss man damit leben, dass die Berater sich auch ein Bild vom Kunden machen. Ohne dies ist ein Eingehen auf seine Bedürfnisse nicht möglich. Natürlich lässt sich dies jedes Mal erneut in einem ausführlichen Gespräch ermitteln. Doch das kostet Geld und vielfach fehlt dafür (auch dem Kunden! ) die Zeit. Insofern sollte es legitim sein, die Kunden nach bestimmten Bedürfnismerkmalen zu segmentieren, um so im persönlichen Gespräch Ansatzpunkte zu haben, mit denen man schneller auf die individuell relevanten Themen kommt.

Und was soll so falsch daran sein, einen sicherheitsorientierten Verbraucher auf die Sicherheit der empfohlenen Anlage hinzuweisen, dem risikofreudigen Anleger dagegen auf das Chance-Risiko-Verhältnis anzusprechen? Wenn der Haspa vorgeworfen wird, damit das Unterbewusstsein der Kunden anzusprechen, "um sie so zu emotionalen Kaufentscheidungen zu bewegen", wie es der NDR formuliert, dann wird dabei eines vergessen: Auch Finanzentscheidungen trifft niemand rein rational - sonst bräuchte es das Forschungsgebiet "Behavioural Finance" nicht. Eben deshalb gehört es aber mit zu einer guten Beratung, dem Kunden das gute Gefühl zu vermitteln, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Und ohne sich auf die individuelle Persönlichkeit einzustellen, also den Kunden auch emotional anzusprechen, geht das nicht. Wer daraus ableitet, dass hier systematisch versucht wird, "jegliche Vernunft des Kunden, jegliche Skepsis und Vorsicht auszuschalten", wie es beim NDR heißt, der schießt deutlich über das Ziel hinaus. Ein bisschen Vertrauen in die Souveränität des "mündigen Kunden", wenn schon nicht in die der Berater (die kein Interesse an Falschberatungsklagen haben können), sollte man schon aufbringen. sb

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