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Leibrenten gegen Einmalbeitrag: Boomjahr 2009

Totgesagte leben bekanntlich länger. Dieses Sprichwort hat sich auch für die Lebensversicherung bewahrheitet. In Zeiten der Dotcom-Blase als antiquiertes Produkt für die ewig Gestrigen abqualifiziert, lebt sie nicht nur munter weiter, sondern hat im Wettbewerb der Vorsorge- und Anlageprodukte wieder neue Attraktivität gewonnen. Zum einen hat die durch die Finanzkrise ausgelöste neue Wertschätzung des Sicherheitsaspektes den Versicherern in die Hände gespielt. Gegebene Garantien sind dem Kunden wieder etwas wert. Zugleich lässt das niedrige Zinsniveau die Lebensversicherung im Vergleich mit anderen Anlagemöglichkeiten auch unter Renditegesichtspunkten unerwartet gut dastehen, da Garantiezins plus Überschussbeteiligung derzeit deutlich über dem liegen, was etwa mit Festgeldern erzielt werden kann.

Branchenweit plus 45 Prozent

Ganz deutlich haben dies die mit der DEVK kooperierenden Sparda-Banken gemacht (siehe Seite 10): Hier wurde eine signifikante Verlagerung der Kundenpräferenzen von Bankeinlagen hin zu Lebensversicherungen verzeichnet - aber nicht wie früher gegen laufenden Beitrag. Vielmehr steht das Geschäft gegen Einmalbeitrag ganz stark im Vordergrund. Die früheren Eisenbahnerbanken stehen mit diesem Phänomen auch nicht alleine da, wenngleich die Ausprägungen des Trends bei den einzelnen Versicherern unterschiedlich ausfallen. So setzte sich das Neugeschäft im Bereich der Lebens-/Rentenversicherung bei der R+V zusammen aus laufenden Beiträgen in Höhe von 433 Millionen Euro (plus 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr) und Einmalbeiträgen von 2,3 Milliarden Euro (plus 37 Prozent). Und die zum Talanx gehörende Neue Leben, die Vertriebskooperationen mit rund 80 Sparkassen unterhält, darunter neun der zehn größten Institute, berichtet von einem starken Anstieg der Einmalbeiträge im Jahr 2009. Von den gebuchten Bruttobeiträgen in Höhe von 928 Millionen Euro entfiel mit 283 Millionen Euro ein knappes Drittel auf Einmalbeiträge. Im Vergleich zum Vorjahr nahm das Volumen dieses Geschäfts um stolze 71 Prozent zu. Branchenweit weist der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft GDV ein Plus von 60 Prozent aus. Das ist fast ein Viertel der Beitragseinnahmen.

Ganz neu ist diese Entwicklung nicht: Die Dominanz des Geschäfts gegen laufenden Beitrag war in Deutschland bis 2004 steuerlich bedingt. Seit die Rahmenbedingungen nicht mehr zwingend laufende Beiträge voraussetzen, beobachtet die Branche ein bemerkenswertes Wachstum beim Neugeschäft gegen Einmalbeiträge.

Aus Sicht der Kreditinstitute als Vertriebspartner ist diese Entwicklung zwiespältig zu bewerten. Einerseits hat ein Boom im Versicherungsabsatz im Jahr eines schwierigen Wertpapiergeschäfts zur Stärkung des Provisionsgeschäfts beigetragen. Andererseits sind Einmalbeiträge von insgesamt 21 Milliarden Euro ein gewaltiger Betrag, der für das Einlagengeschäft der Banken nicht zur Verfügung steht. Dass aufgeschobene oder sofort beginnende Leibrenten, wie sie 2009 stark nachgefragt wurden, gewiss nur zum Teil in den Konsum fließen und sich die Kreditwirtschaft dann in Form kleinerer Sparbeträge wieder um sie bemühen kann, ist dabei vermutlich nur ein schwacher Trost.

Keine Entwarnung

Entwarnung kann auch nicht gegeben werden. Mit einem solchen Boom wie 2009 rechnet der GDV für das laufende Jahr nicht. Allerdings wird ein konstantes Aufkommen bei den Einmalbeiträgen prognostiziert. Zweifellos wird irgendwann einmal die Zinssituation auch die Bankeinlagen wieder attraktiver werden lassen, und zweifellos werden die Anleger mit der Zeit auch die Lust am Wertpapiergeschäft wiederentdecken. Beides wird die Ausgangssituation der Kreditwirtschaft im Wettbewerb um die Geldvermögensbildung der Deutschen wieder verbessern. Trotzdem werden sich Banken und Sparkassen dauerhaft auf die Lebensversicherer als neue Wettbewerber um größere Anlagebeträge - der GDV verweist hier auch auf die Generation der Erben - einstellen müssen. Denn die Zunahme des Geschäfts mit den Einmalbeiträgen ist letztlich nur eine Angleichung an Strukturen, die im Ausland längst Tradition haben.

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