Leitartikel

Mit mehreren Zungen

sb - Nicht immer ist die Gruppe der 15 PSD Banken für ihre Eintracht untereinander bekannt. Insofern entbehrt es nicht der Ironie, wenn ausgerechnet ihr Verbandsvorsitzender Rudolf Conrads eindringlich beklagt, dass es der deutschen Kreditwirtschaft insgesamt nicht gelungen ist, in Sachen europäische Bankenunion und Bankenaufsicht mit einer Stimme zu sprechen. In der Sache hat Conrads aber durchaus recht. Die Drei-Säulen-Struktur der deutschen Kreditwirtschaft stößt in Europa nun einmal auf wenig Verständnis. Und mehr als einmal hat es der Durchsetzung deutscher Interessen bei für die Kreditwirtschaft relevanten EU-Vorhaben zumindest nicht gut getan, dass die Handelnden schlicht nicht einordnen konnten, wie genau die deutsche Position aussieht. Auch in der deutschen Kreditwirtschaft wurde dies offenbar als so wenig effizient wahrgenommen, dass der Name des Zentralen Kreditausschusses geändert wurde, der doch ein gewisses Maß an Vagheit beinhaltete und eher an einen Debattierclub denn an die gemeinsame Stimme der deutschen Kreditwirtschaft erinnerte. Die Umbenennung in "Die Deutsche Kreditwirtschaft" sollte kein bloßer Namenswechsel sein. Sondern dahinter sollte ein stärkeres Zusammenrücken im Sinne einer gemeinsamen Willensbildung stehen, um in Berlin und Brüssel gemeinsam stärker auftreten zu können. Dass es auch weiterhin Partikularinteressen geben würde, war auch im August 2011 klar. Sie sollten aber weniger stark als bisher nach außen getragen werden.

In manchen Bereichen mag das gelungen sein. In der Frage der Bankenunion ist die neue Einheit aber wieder einmal dahin. Während die privaten Banken die Pläne unterstützen, plädieren die beiden Verbünde vehement dagegen. Gemeinsame Lobbyarbeit - unmöglich. Und so ist es zumindest für die beiden Verbünde wieder einmal schwierig, bei den politisch Handelnden Gehör zu finden. Dass es José Manuel Barroso für nötig hielt zu betonen, im Rahmen der Bankenunion sollten schließlich nicht die Spareinlagen der deutschen Sparer als Haftungssumme herangezogen werden, zeugt davon, wie wenig die Position von Sparkassen und Genossenschaftsbanken verstanden wird. In dieser Situation haben sich BVR und DSGV auf ein eher selten gebrauchtes Mittel der Lobbyarbeit besonnen: Am 13. September veröffentlichten sie in allen großen Tageszeitungen einen gemeinsamen offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und machten ihre Argumentation gegen die Pläne noch einmal öffentlich. Ein gewisses Maß an Panikmache bei den privaten Anlegern wird dabei in Kauf genommen. Ihre Ängste werden instrumentalisiert, um sich in der Politik Gehör zu verschaffen. Dass so etwas grundsätzlich mit Vorsicht zu handhaben ist, dessen dürfen sich die Verantwortlichen durchaus bewusst gewesen sein. Dass sie dennoch zu diesem Mittel griffen, spricht für den Ernst ihrer Sorgen. Und die Politik weiß nun: Spricht sie sich dennoch für die Pläne Barrosos aus, wird sie mit dem Vorwurf des Verrats am deutschen Sparer leben müssen. In Vor-Wahlkampfzeiten ist das ein ärgerlicher Ballast.

Im Hinblick auf die Interessenvertretung der beiden Verbünde war die Maßnahme insofern zweifellos ein gelungener Schachzug. Von der Durchsetzbarkeit der eigenen Position einmal abgesehen: Besser hätte man sich kaum Gehör verschaffen können. Und doch ist das Auseinanderdriften der deutschen Kreditwirtschaft (diesmal bewusst kleingeschrieben) in dieser Frage für die Lobbyarbeit der Deutschen insgesamt vermutlich ein neuer Rückschlag. Wieder einmal ist deutlich geworden, dass da, wo "Die Deutsche Kreditwirtschaft" draufsteht, doch ganz unterschiedliche Interessen drin sind. Die starke Stimme der Branche in Deutschland ist der Verband damit nicht. Die Chancen deutscher Sonderpositionen auf Berücksichtigung sind damit nicht gestiegen - auch wenn sie gemeinsam vertreten werden.

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