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Die öffentliche Hand sollte die Vermögensbildung besser fördern

Der Weltspartag erinnert seit Jahrzehnten die Menschen daran, Geld auf die hohe Kante zu legen und sich um sein Vermögen zu kümmern. Vor dem Hintergrund der aktuellen Niedrigzinsphase in Europa bekam der Weltspartag in diesem Jahr eine zusätzliche Relevanz. Als deutsche Sparkassen-Finanzgruppe ist es unser Anliegen, den Weltspartag zu nutzen und zu verdeutlichen, dass sich Sparen auch jetzt lohnt und dass es notwendig ist, um im Alter ohne finanzielle Sorgen leben zu können. Denn nur wer Vorsorge betreibt, kann später auf etwas zurückgreifen. Selbst wenn solch ein Polster angesichts niedriger Zinsen nicht so groß ausfallen mag wie erhofft, ist es immer noch besser als gar nichts auf der hohen Kante zu haben.

Sparneigung hat gelitten

Wer spart, hat es derzeit nicht leicht. Denn die andauernde Niedrigzinsphase sorgt für eine schleichende Enteignung der Sparer. Der Zins unterhalb des Inflationsausgleichs zehrt am Spargroschen. Das bleibt nicht ohne Folgen. Die Sparneigung der Deutschen hat in den vergangenen zwölf Monaten bereits gelitten. Und das, obwohl die Situation am Arbeitsmarkt gut ist und wieder mehr Menschen selbst erarbeitetes und verdientes Geld in der Tasche haben. Das verfügbare Einkommen stieg 2012 auf 1 679,9 Milliarden Euro, das sind 2,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Demgegenüber ist die Ersparnisbildung aber nur um 1,7 Prozent gestiegen, blieb also deutlich hinter dem Einkommenszuwachs zurück. Unter dem Strich führt das zu einem weiteren Rückgang der Sparquote. Von 100 Euro Nettoeinkommen werden nur noch 10,30 Euro zurückgelegt. 2008 waren es noch 11,50 Euro.

Das Vermögensbarometer 2013, eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, bestätigt diesen Trend. Ein Drittel der Sparer gibt an, dass die Niedrigzinsphase ihre Sparanstrengungen beeinflusst. Zwölf Prozent sparen heute weniger als noch vor einem Jahr. Dem stehen nur sieben Prozent gegenüber, die mehr sparen.

Sparanreize setzen

Die historisch niedrigen Leitzinsen verändern auch die Anlagepräferenzen der Bundesbürger. Für knapp die Hälfte der Bevölkerung ist die Zinssituation bei ihrer Anlageentscheidung von Bedeutung. Etablierte Sparformen wie Rentenversicherung (63 Prozent), Rücklagen auf dem Sparbuch (58 Prozent), die Lebensversicherung (55 Prozent), die selbst genutzte Immobilie (53 Prozent), der Bausparvertrag und die betriebliche Altersvorsorge (je 51 Prozent) bilden zwar nach wie vor für die Mehrheit der Bundesbürger die Basis der Altersvorsorge. Viele dieser Vorsorgeformen fallen jedoch bei den zukünftigen Planungen zurück, steigenden Zuspruch erfahren hingegen nur wenige.

Gestiegen ist in erster Linie die Vorliebe für die eigenen vier Wände. Inzwischen hält jeder zweite Bundesbürger das Eigenheim als Vorsorgeform für geeignet. 2012 waren es noch 45 Prozent. Von niedrigerem Niveau, aber ebenfalls mit Rückenwind bewegen sich Aktien, Investmentfonds und festverzinsliche Wertpapiere - jeweils immerhin mit einem Plus von einem Prozentpunkt. Wir denken, dass die öffentliche Hand in der jetzigen Situation Anreize setzen muss, damit die Sparanstrengungen der Bundesbürger nicht noch weiter sinken. Zumindest sollte ein Teil der Mittel, die durch eine verbilligte staatliche Schuldenaufnahme eingespart werden, in die Sparförderung investiert werden. Wir sehen eine Reihe guter Ansatzpunkte, um Vermögensbildung besser zu fördern. Das gilt gerade auch dort, wo sich deutliche Präferenzen der Bundesbürger abzeichnen.

Selbst genutzte Immobilien gezielt fördern

Vor dem Hintergrund einer soliden Altersvorsorge sollte der Schritt in die eigenen vier Wände speziell für Menschen mit geringerem und mittlerem Einkommen erleichtert werden. Der Wunsch und die Bereitschaft, in die eigenen vier Wände zu investieren, sind vorhanden. Der Staat hilft dabei beim Bauspa ren mit der Wohnungsbauprämie. Allerdings wurden seit 1996 die Einkommensgrenzen für die Wohnungsbauprämie nicht verändert. Sie liegen bei 25 600 Euro für Einzelne und bei 51 200 Euro für Ehepaare. Durch das Einfrieren sind faktisch aufgrund der Preisund Lohnentwicklung immer mehr Menschen aus der Förderung "herausgewachsen". Wir denken, dass eine Anhebung der Einkommensgrenzen um 9 400 Euro auf 35 000 Euro für Einzelne beziehungsweise von 51 200 Euro auf 70 000 Euro für Verheiratete sachgerecht ist. Und auch bei der Arbeitnehmersparzulage sollte diese Anpassung nachvollzogen werden.

Wer sich für ein Eigenheim entscheidet, sollte die Marktentwicklung im Blick behalten. Die Eigenheimpreise steigen in Deutschland. Sie haben aber insgesamt noch nicht das Niveau des Jahres 2000 überschritten. Künstlich niedrig gehaltene Zinsen führen zu fehlerhaften Risikobepreisungen und Kapitalfehlleitungen. Dieser Gefahr nähern wir uns immer stärker im Immobiliensektor. Damit meine ich weniger das selbst genutzte Eigenheim als Investitionen in gewerbliche Immobilien oder Vermietungsobjekte, die von Kapitalanlegern rein unter Renditeaspekten vorgenommen werden. An manchen Standorten erinnert das inzwischen wieder an die steuerinduzierte Investitionseuphorie in Immobilien in Ostdeutschland und Berlin nach der deutschen Einheit. Das Ende ist bekannt.

Bedeutsam ist, dass die Bundesbürger zunehmend konservativ an eine Immobilienfinanzierung herangehen. Nur noch 73 Prozent der Immobilienerwerber würden sich dafür auch verschulden. Vor zwei Jahren waren das noch 84 Prozent. Das Gros der Erwerber würde einen Kredit bis maximal 60 Prozent des Kaufpreises aufnehmen.

Riester-Förderung verbessern, verschlanken und für alle öffnen

Mit der Einführung der Riester-Rente hat der Bund seinerzeit eine gute Idee in die Tat umgesetzt. Der Grundgedanke, die private Altersvorsorge der Bundesbürger zu fördern, ist unverändert richtig. Denn es ist nach wir vor notwendig, die Lücken auszugleichen, die bei den gesetzlichen Renten aus heutiger Sicht entstehen werden. Zudem ergänzen sich eine umlagefinanzierte, staatliche Rente und eine kapitalbasierte, private Eigenvorsorge auch mit Blick auf die Risikostreuung gut. Laut Vermögensbarometer 2013 hat knapp ein Drittel der Sparer einen geförderten Riester-Vorsorgevertrag abgeschlossen. Zuletzt stagnierte jedoch die Zahl der neu abgeschlossenen Verträge. Insgesamt bleibt die Riester-Rente hinter den hohen Erwartungen zurück. Wir denken, dass der Gesetzgeber deswegen einen mutigen Schritt nach vorne machen sollte. Drei Punkte halten wir für notwendig.

- Erstens sollte die Förderung verbessert werden. Bei der Festlegung der Fördergrenze orientierte sich der Gesetzgeber im Jahr 2001 an der damals geltenden Beitragsbemessungsgrenze West zur Rentenversicherung. Das waren seinerzeit 54 000 Euro. 2014 steigt diese Grenze auf über 70 000 Euro, ist also rund 30 Prozent höher. Wir sind der Meinung, dass der bisherige geförderte Höchstbetrag von zwei Euro in Anlehnung an die heute geltende Beitragsbemessungsgrenze auf 2 800 Euro festgesetzt werden sollte. Parallel dazu müssen auch die Zulagen angeglichen und vereinheitlicht werden auf zum Beispiel 200 Euro Grundzulage und 250 beziehungsweise 400 Euro Kinderzulage.

Gerade Berufseinsteiger sollten einen weiteren Anreiz erhalten, früh den Grundstein für ihre private Vorsorge zu legen. Dabei kann eine deutliche Erhöhung des Berufseinsteigerbonus helfen. Wir schlagen eine Erhöhung des Berufseinsteigerbonus von bisher 200 auf 600 Euro vor. Darüber hinaus plädieren wir dafür, eine "Treuezulage" einzuführen, wenn nach zehn, 20 oder 30 Vertragsjahren mindestens jährlich ein bestimmter Sockelbetrag eingezahlt wurde, um langjähriges Sparen zusätzlich zu belohnen.

- Zweitens sollte es in Zukunft möglich sein, die Zulagen gleich beim Vertragsabschluss zu beantragen. Denn die meisten Kunden möchten bereits beim Vertragsabschluss alle Formalitäten erledigen. Die Bereitstellung aller notwendigen Formulare zum Jahresbeginn seitens der Verwaltung würde allen Beteiligten weiterhelfen. Das Abrufen von Zulagen kann so nicht mehr übersehen werden.

- Drittens sollte man darüber nachdenken, die Unterscheidung zwischen Förderberechtigten, mittelbar und nicht Förderfähigen aufzuheben. Sie ist ohnehin kaum vermittelbar. Private Vorsorge ist für alle wichtig. Deswegen spricht vieles dafür, dass auch alle Bürger eine staatliche Förderung erhalten sollten. Die Riester-Rente würde dann zur privaten, geförderten Bürger-Rente werden.

Neue Wertpapierkultur braucht weniger Bürokratie

Bei der Altersvorsorge entscheidet der richtige Anlagemix. Wertpapiere bieten grundsätzlich eine Möglichkeit, den eigenen Anlagemix auf ein breiteres Fundament zu stellen. Mit Wertpapieren können Anleger an positiven Unternehmensentwicklungen teilhaben. Dies gilt gerade in Zeiten der niedrigen Zinsen. Dabei spreche ich nicht von kurzfristigen oder einmaligen Engagements, sondern von langfristigem Wertpapiersparen. Natürlich gab es in der Finanzkrise auch Anleger, die mit Wertpapieranlagen schlechte Erfahrungen gemacht haben.

Die Politik hat in den letzten Jahren aber leider kräftig zum weiteren Niedergang der Wertpapierkultur in Deutschland beigetragen - und zwar durch falsch verstandenen Verbraucherschutz. Immer höhere bürokratische Vorgaben, immer mehr Papier schrecken Kunden ab, langfristige Wertpapieranlagen zu tätigen. Das schadet auch Aktiengesellschaften, weil sie weniger Anleger und damit weniger liquide Märkte vorfinden. Und das stellt auch die Politik selbst zunehmend vor Probleme, weil das Ziel einer auch mit Wertpapierengagements finanzierten privaten Altersvorsorge ins Wanken gerät.

Die Politik wollte mit ihren Maßnahmen zum Verbraucherschutz mehr und bessere Beratung gewährleisten. Stattdessen erreicht sie zunehmend den vollständigen Schutz des Verbrauchers vor Wertpapierberatung. Ich gehe davon aus, dass das so nicht gemeint war. Tatsache ist aber, dass im Teilsegment der wichtigsten 160 deutschen Aktientitel der Anteil der Beratungsgeschäfte bei den deutschen Sparkassen von 2009 bis 2012 um 80 Prozent zurückgegangen ist. Und wenn solche Geschäfte überhaupt durchgeführt werden, dann als Executiononly-Geschäfte oder gar auf Online-Plattformen: ohne Beratung und häufig eben nicht von denen getätigt, für die Wertpapiersparen jetzt besonders wichtig wäre. Das kann nicht im Sinne der Politik sein, die einer privaten Altersvorsorge eine hohe Be deutung zumisst. Deswegen halten wir eine Entbürokratisierung der Wertpapierberatung dringend für geboten.

Die Politik sollte darüber nachdenken, bei bestimmten Produkten die Dokumentationspflicht zu vereinfachen. Auch eine Abstufung nach Anlagebeträgen macht Sinn, schließlich sind 5 000 Euro nicht gleichbedeutend mit 500 000 Euro Geldanlage. Und schließlich muss das Berater- und Beschwerderegister kritisch hinterfragt werden.

Europa muss auf einen soliden Wachstumskurs zurück

Die sinkenden Sparanstrengungen der Bürgerinnen und Bürger in der größten Volkswirtschaft Europas sind nur eines der Probleme, die die niedrigen Zinsen der Europäischen Zentralbank mit sich bringen. Es gibt aber noch weitere: Billige Kredite bergen die Gefahr von Fehlallokationen und neuen Blasenbildungen. Niedrige Zinsen verschaffen der Politik Zeit, die auch genutzt werden muss. Sinkende Ersparnisse wirken sich negativ auf die Investitionen aus, beides hängt zusammen wie zwei Seiten einer Medaille.

Wir brauchen einen europäischen Antritt, um aus dieser angespannten Zinssituation wieder hinauszukommen. Es ist Aufgabe der Politik, die Geldpolitik aus ihrem Dilemma zu entlassen. Die Umkehr in ein normales Zinsumfeld kann nur gelingen, wenn die Ursachen der Probleme beseitigt werden. Europa muss zurück auf einen nachhaltigen Wachstumspfad. Wir brauchen - auch unter veränderten demografischen Bedingungen - eine Stärkung der Investitionen. Dazu bedarf es weiterer Reformen von Arbeits-, Waren- und Dienstleistungsmärkten wie auch in den Sozial- und Bildungssystemen der Euro-Staaten. Deutschland ist davon nicht ausgenommen. Daneben müssen die Reparaturarbeiten an den Finanzmärkten sinnvoll fortgeführt werden. Nur das Zusammenwirken von europäischer Wirtschafts- und Finanzpolitik kann Bedingungen schaffen, die es der EZB ermöglichen, die dringend notwendige Kurskorrektur in der Zinspolitik einzuleiten.

Der Weg der Stärkung in Europa verläuft dabei nicht über immer größere, immer stärker verbundene Einheiten. Der Weg der Stärkung in Europa kann auch - wie im Fall der Einlagen- und Institutssicherung - über viele in ihrer Größe überschaubare und in sich stabile Einheiten verlaufen. Im Vermögensbarometer 2013 geben die Bundesbürger hierzu ein klares Stimmungsbild ab. Dem Plan der Brüsseler EU-Kommission, eine gemeinsame europäische Einlagensicherung aufzubauen, steht eine große Mehrheit der Deutschen ablehnend gegenüber. Dieser Plan würde es mit sich bringen, dass die Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit den zur Absicherung deutscher Spareinlagen vorgesehenen Sicherungsmitteln bei Notlagen anderer Kreditinstitute in Europa einspringen müssten. Zwei Drittel (67 Prozent) der Bundesbürger lehnen dies ab.

Impuls an die Politik

Sollte die Idee der EU-Kommission umgesetzt werden, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf das Vertrauen der Deutschen in die Sicherheit der Spareinlagen. 45 Prozent erklären, dass ein solcher Schritt ihr Vertrauen in die Einlagensicherung "vermindern" würde.

Der Weltspartag war in diesem Jahr nicht nur eine Mahnung an die Sparer, Rücklagen zu bilden und sich bei der Geldanlage gut beraten zu lassen. Er war auch ein Impuls an die Politik, sowohl in Deutschland als auch auf dem europäischen Parkett die notwendigen Entscheidungen zu treffen, damit die Zinsen wieder auf ein Niveau zurückkehren können, bei dem die Sparer aufatmen können.

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