Standpunkte

Regionalprinzip bei Sparkassen: "Gebietskartell" oder Stabilitätsfaktor?

ver.di

"Das Regionalprinzip ist das Lebenselixier der Sparkassen"

Die Verdi Bundesfachgruppe Sparkassen/ Bundesbank ist als Interessensvertretung der über 350 000 Beschäftigten der S-Finanzgruppe von der Monopolkommission leider nicht informiert beziehungsweise befragt worden. Wir haben aber eine klare und deutliche Antwort, zum XX. Hauptgutachten der Monopolkommission. Wir nehmen Stellung, weil wir die Verantwortung für die über 350 000 Arbeitsplätze inklusive der 20 000 Auszubildenden haben. Wir sehen in der Infragestellung des Regionalprinzips in Verbindung mit dem öffentlichen Auftrag einen Angriff auf die Grundpfeiler der S-Finanzgruppe. Das Regionalprinzip hat sich auch nach über 200 Jahren von seiner Aktualität nicht verändert. Es ist der Kernpunkt der Sparkassen in Verbindung mit dem öffentlichen Auftrag. Ohne das Regionalprinzip sind die Sparkassen keine Sparkassen mehr und unterscheiden sich in ihrer Aufstellung damit insbesondere nicht mehr von den privaten und gewinnorientierten Banken. Mit Recht "beschränkt" das Regionalprinzip den Geschäfts-, Aufgaben- und Wirkungskreis auf ein regional vorgegebenes Gebiet (Zuständigkeit der kommunalen Träger). Von einer "Beschränkung der Freiheit der Sparkassen" zu reden ist für uns nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil, wir sehen im Regionalprinzip einen Auftrag und eine Norm, die die Sparkassen leitet und führt. Dadurch wird der Daseinsvorsorge für die Bürger, die Kunden und für die heimische Wirtschaft Sorge getragen.

Marktchancen im Gebiet des Trägers reichen auch Großsparkassen aus

Die Arbeitnehmervertreter in den Verwaltungsräten der Sparkassen haben die Aufgabe, die Geschäftspolitik zu überwachen. Aus unseren dortigen Erkenntnissen haben die Sparkassen ausreichend Raum, ihre Geschäftspolitik zum Wohl der Kunden, der Bürger und der Region zu nutzen. Sie benötigen keine Konkurrenzlage zu anderen Sparkassen, um sich zu entfalten. Ihr Auftrag ist, regional vor Ort zu sein, dort wo Beschäftigte, Kunden und die Bürger der Gebietskörperschaft leben und arbeiten!

Als Sparkässler begrüßen wir das Regionalprinzip. Es ist das wesentliche Element der Arbeit für die Sparkasse, für Kunden und Bürger. Wir sind in der Region verwurzelt und dort zu Hause. Wir kennen unser Geschäftsgebiet mit seinen Stärken und Schwächen und brauchen keine "Freiräume", um in "fremden" Gebieten zu wildern und uns in "Rosinenpickerei" zu betätigen.

Die Marktchancen im Gebiet des Trägers zu suchen, zu finden und zu nutzen reicht den Sparkassen aus, im Übrigen auch den Großsparkassen. Große und profitablere Sparkassen hätten einen Nachteil aus dem Regionalprinzip, ist eine gewagte beziehungsweise nicht nachvollziehbare Behauptung. Die Größe hat nichts mit einer profitablen Ertragslage zu tun. Kleinere und insbesondere mittelgroße Sparkassen sind genauso gut aufgestellt und oft sogar profitabler als Großsparkassen.

Gesetzesnormen tragen zur Monopolisierung bei

Ein größeres Problem ist vielmehr die Einmischung der Gesetzgeber (auch der EU), die für die Sparkassen und auch Genossenschaftsbanken nicht nachvollziehbare Normen festlegen. Dies wäre ein Feld, das von der Monopolkommission untersucht werden sollte. Inwieweit tragen nicht nachvollziehbare Gesetzesnormen zu einer Monopolisierung bei? Großbanken und auch Teile der Großsparkassen können, im Gegensatz zu kleineren Instituten, die neuen Vorgaben meistern und haben dadurch mehr Macht und Spielraum. Sparkassen, die in der Vergangenheit expandiert haben und dies über den Weg über die regionalen Grenzen hinweg (was leider immer mal wieder passiert) getan haben, haben dies oft leidvoll mit Abschreibungen bezahlen müssen.

Wenn die Monopolkommission oder aber auch andere Institute vom "Markt" reden, meinen sie damit immer: mehr Gewinn für weniger Marktteilnehmer! Die Sparkassen (und die Genossen) bearbeiten ihren regionalen Markt in der Breite und Tiefe, ohne ständig nach der Gewinnmarge zu schauen. Sie tun dies erfolgreich, weil sie eingenommenes Geld vor Ort wieder verleihen, weil sie bei Investitionen in der eigenen Infrastruktur regionale Firmen bevorzugt berücksichtigen, weil sie trotz der regionalen Beschränkung ihre erwirtschafteten Erträge in den Häusern belassen beziehungsweise an die Gewährträger ausschütten oder in Stiftungen und Spenden vor Ort investieren und weil sie Arbeitsund Ausbildungsplätze für die Menschen in der Region anbieten.

Auch ist das Steueraufkommen der Sparkassen erheblich größer und besser als bei den überregionalen und europäischen Kreditinstituten, ganz zu schweigen von Weltkonzernen, die durch Steuertricks der Weltstaatengemeinschaft Milliarden von Euros hinterziehen. Sie nutzen ihre Monopolsituation zulasten der Menschen in den Regionen aus.

Die Sparkassen in Deutschland brauchen das Regionalprinzip. Es ist das Lebenselixier und sichert die Zukunft! Daraus resultiert der Kernpunkt unseres öffentlichen Auftrages. Das Regionalprinzip sichert in Stadt und Land eine flächendeckende Versorgung von Bankdienstleistungen, die speziell durch personenbesetzte Geschäftsstellen gewährleistet wird. Das Vertrauen der Bevölkerung in Bankdienstleistungen wird nicht durch die Institution an sich aufgebaut und gesichert, sondern durch die Menschen vor Ort. Bankdienstleistungen sind im Kern "Vertrauensdienstleistungen" die regionale Sparkassen (und Geno-Banken) im wahren Leben sichern.

Dort, wo die regionalen Beschränkungen gefallen sind, wie zum Beispiel in Spanien, kommt es sehr leicht zu landesweiten Verwerfungen, Milliardenverlusten der Sparkassen und persönlichen Katastrophen der Kunden.

Wir haben uns in dieser Ausführung nicht auf die rechtlichen Vorwürfe der Monopolkommission bezogen, erscheinen uns diese doch als "sparkassenweltfremd" und einseitig "marktorientiert".

Regionale Sparkassen in ganz Europa einführen.

Nicht das Regionalprinzip mit dem öffentlichen Auftrag verstößt gegen den EU- Grundgedanken, sondern die Denkweise und Rechtsauslegung der Monopolkommission. Europa besteht aus Ländern, und die Grundlage daraus sind Regionen. Sie müssen gefördert und beschützt werden und dies ist mit dem Regionalprinzip der Sparkassen in Verbindung mit dem öffentlichen Auftrag der richtige und entscheidende Pfeiler, für das Wohl der Regionen in Deutschland und damit für Europa!

Wir würden es deshalb begrüßen, wenn in ganz Europa Sparkassen mit dem Regionalprinzip entstehen würden. Das Regionalprinzip tut der Region, den Menschen und der Sparkasse gut! Es muss erhalten bleiben! Es bildet das Rückgrat und Herz unserer Sparkasse und S-Finanzgruppe.

Werner Aßmann, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Sparkassen/Bundesbank, ver.di, und Personalratsvorsitzender der Kasseler Sparkasse, Kassel.

GVB Genossenschaftsverband Bayern

"Regionale Ausrichtung von Sparkassen und Genossenschaftsbanken dient der Finanzstabilität"

Im Sommer dieses Jahres legte die Monopolkommission ihr XX. Hauptgutachten unter dem Titel "Eine Wettbewerbsordnung für die Finanzmärkte vor. Darin untersuchen die Regierungsberater die Verbundstrukturen im deutschen Bankensystem hinsichtlich potenzieller Konflikte mit dem Wettbewerbsrecht. Insbesondere üben die Experten deutliche Kritik am sparkassenrechtlichen Regionalprinzip. Allerdings beschränkt sich die Monopolkommission auf eine eindimensionale, auch wettbewerbsrechtlich sehr reduzierte Argumentation. Sie wird der Situation im deutschen Bankenmarkt nicht gerecht.

Sparkassen und Kreditgenossenschaften konzentrieren ihre Geschäftstätigkeit traditionell auf eine bestimmte Region. Im Fall der Sparkassen gründet diese Ausrichtung auf dem gesetzlich verankerten Regionalprinzip. So beschränkt in Bayern Paragraf 2 der Sparkassenordnung die Aktivitäten der Sparkassen auf das Gebiet ihres jeweiligen Trägers. Indes dient die regionale Ausrichtung der Genossenschaftsbanken der Umsetzung ihres Förderauftrags - die wirtschaftliche Förderung ihrer (in der Region ansässigen) Mitglieder. Anders als im Sparkassensektor überlappen sich mancherorts die Geschäftsgebiete der Volks- und Raiffeisenbanken.

Keine Schwächung des Wettbewerbs

Nun richtet sich die Kritik der Monopolkommission nicht gegen den Kern des Regionalprinzips - die regionale Eingrenzung des Geschäftsgebiets -, sondern einzig gegen dessen rechtliche Verankerung in den Sparkassengesetzen. Diesbezüglich meldet sie "durchgreifende Bedenken" an. Deshalb sind die Volks- und Raiffeisenbanken von der Kritik der Monopolkommission nicht betroffen - im Fokus der Untersuchung stehen die Sparkassen. Doch auch aus Sicht der Genossenschaftsbanken ist der Vorstoß zur Abschaffung des Regionalprinzips kritisch zu beurteilen.

Denn die Monopolkommission verkennt die Tatsache, dass der deutsche Bankenmarkt mit über 1 800 Kreditinstituten durch eine besonders starke Konkurrenzsituation gekennzeichnet ist. Auch in ländlichen Regionen stehen Großbanken, kleinere Geschäftsbanken, Online-Banken sowie Sparkassen und Kreditgenossenschaften miteinander im direkten Wettbewerb. Hierzulande werben einzelne Institute mit Begrüßungsgeldern um Neukunden oder bieten Kampfkonditionen auf Tagesgeldkonten - es spricht also bereits die allgemeine Lebenserfahrung für eine besonders intensive Wettbewerbssituation. Gestützt wird dieser Befund durch empirische Evidenz: Der als Konzentrationsmaß anerkannte und von der EZB ermittelte Herfindahl-Index zeigt für Deutschland die höchste Wettbewerbsintensität unter den Bankensektoren aller EU-Mitgliedsstaaten an. Auch die Forschung konnte bisher keine Schwächung des Wettbewerbs im Drei-Säulen-System zweifelsfrei nachweisen.

Regionalprinzip stabilisiert das Bankensystem

Darüber hinaus stabilisiert das Regionalprinzip das Bankensystem. Welche fatalen Auswirkungen seine Durchbrechung oder Abschaffung haben kann, zeigt der Fall der spanischen Großsparkassen ("Cajas"). In Spanien wurde das Regionalprinzip im Jahr 1988 aufgehoben. Dies hatte einen ungesunden Expansionsdrang der zuvor regional ausgerichteten Cajas zur Folge, welcher die spanische Immobilienblase befeuerte und schließlich in die europäische Bankenkrise mündete.

Zwar konnten andere Länder die Liberalisierung und Neustrukturierung des Sparkassensektors ohne vergleichbare Verwerfungen bewältigen. Allerdings brachten die Reformen neue, systemrelevante Bankriesen wie beispielsweise die italienische Unicredit oder die französische BPCE hervor. Ihre Schieflage würde das gesamte Finanzsystem erschüttern. Demzufolge dient die von Sparkassen und Kreditgenossenschaften praktizierte Fokussierung auf regionale Märkte der Finanzstabilität.

Zusätzlich wirkt das Regionalprinzip auch auf Institutsebene risikomindernd. Denn Regionalbanken kennen ihre Kunden und können so die Risiken der Kreditvergabe - über bankwirtschaftliche Ratingverfahren hinaus - gut einschätzen. Dies belegt eine im Jahr 2011 veröffentliche Studie der Europäischen Zentralbank, welcher ein Datensatz zu über einer Million Einzelkrediten deutscher Sparkassen zugrunde liegt. Kreditnehmer, die bereits vor der Darlehensvergabe Kunde des jeweiligen Instituts waren, geraten demnach seltener in Zahlungsnöte als Schuldner ohne vorherige Verbindung mit dem Geldhaus.

Bereits in der Vergangenheit wurden zahlreiche Anläufe unternommen, um das Regionalprinzip zu Fall zu bringen. So empfahl der Internationale Währungsfonds im Jahr 2003 dessen Lockerung.

Spätestens mit der Finanzkrise traten jedoch die Gefahren einer Liberalisierung des Finanzsystems nach angelsächsischem Vorbild deutlich hervor. Genossenschaftsbanken und Sparkassen bewährten sich hingegen in Krisenzeiten als verlässliche Kreditgeber der Realwirtschaft. Vor diesem Hintergrund kam der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Sondergutachten 2008 zum Ergebnis, dass "das Regionalprinzip und die Verbundstruktur (der Sparkassenorganisation) als erhaltenswert anzusehen sind".

Abschaffung wäre ein Rückschritt

Letztlich wäre eine Abschaffung des Regionalprinzips somit als Rückschritt zu werten. Es ist wichtiger Bestandteil des institutionellen Fundaments, auf dem das stabile Drei-Säulen-Modell der deutschen Kreditwirtschaft basiert. Die Sparkassen und Kreditgenossenschaften sind in diesem System wichtige Leistungsträger, welche die Finanzversorgung in der Fläche sicherstellen. Durch ihre Zusammenarbeit in den Verbünden erschließen sie Größen- und Verbundvorteile. So können die Primärbanken durch Kooperation mit den Zentralinstituten Produkte anbieten, zu deren Entwicklung sie allein nicht imstande wären. Dies steigert die Effizienz des Finanzsystems.

Bis Jahresende wird die Bundesregierung zum Gutachten der Monopolkommission Stellung beziehen. Die Regierungsparteien haben sich in ihrem Koalitionsvertrag klar zum Drei-Säulen-Modell bekannt und zugesagt, "seine Besonderheiten angemessen (zu) berücksichtigen". Insofern ist davon auszugehen, dass die theoretischen Analysen der Monopolkommission keine Aushöhlung des Regionalprinzips nach sich ziehen.

Ungeachtet der Bedenken der Monopolkommission ist die regionale Ausrichtung der Sparkassen und Kreditgenossenschaften eine Stärke des deutschen Bankensystems. Sollte deshalb die Bundesregierung wider Erwarten die juristischen Einwände der Monopolkommission gegen das Regionalprinzip teilen, darf dies nicht in eine Abschaffung dieses Stabilitätsankers münden. Vielmehr müssten das gesetzliche Regionalprinzip und das Wettbewerbsrecht miteinander in Einklang gebracht werden. Der eigentliche Handlungsbedarf für die Gesetzgeber besteht aber in anderen Bereichen: So zählen etwa das "Too big to fail"-Problem oder die Regulierung des Schattenbanksektors zu den drängenden und bislang ungelösten Fragestellungen.

Prof. Dr. h.c. Stephan Götzl, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern e.V., München

BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN

"Der Vorschlag überzeugt nicht"

Die Monopolkommission hat unlängst gefordert, das Regionalprinzip der Sparkassen aufzuheben. Das ist insofern bemerkenswert, als genau das vor einigen Jahren in Spanien erfolgte. Das Ergebnis ist wenig überzeugend: Die spanischen Cajas haben Geschäfte auch in anderen als ihren Ursprungsregionen getätigt, also auch dort, wo sie die Märkte nicht kannten. Sie haben ihr Kreditvolumen massiv gesteigert und eine Größe erreicht, die ihrer Governance-Struktur nicht entsprach. Durch verantwortungslose Kreditvergabe sind sie letztlich zum großen Problemfall der spanischen Gesellschaft geworden.

Natürlich ist die Aufhebung des Regionalprinzips nicht die einzige Ursache dieser Fehlentwicklung. Dennoch sollte man sich vor diesem Hintergrund sehr gut überlegen, ob die Aufhebung des Regionalprinzips in Deutschland nicht ähnliche problematische Konsequenzen haben könnte.

Regionalprinzip schützt auch private Anbieter

Doch auch unabhängig von diesem historischen Vorbild überzeugt der Vorschlag nicht. Vorgetragen wurden von der Monopolkommission insbesondere wettbewerbsrechtliche Bedenken. Die Aufteilung des Geschäfts anhand regionaler Grenzen wurde interpretiert wie eine Kartellabsprache gewinnorientierter privater Unternehmen, die sich zusammensetzen und regionale Einflussgebiete aufteilen. Doch das ist nicht der Ursprung des Regionalprinzips. Vielmehr beruht dieses Prinzip darauf, dass Sparkassen kommunale Anstalten sind und damit den verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsgrenzen ihrer Träger unterliegen. Die Sparkassen sind Teil der Daseinsvorsorge und unterliegen wie ihre kommunalen Träger der Vorgabe, nur auf dem eigenen Territorium tätig werden zu dürfen.

Diese Vorgabe schützt private Anbieter davor, dass Kommunen oder Unternehmen in kommunaler Trägerschaft jenseits des eigenen Territoriums wirtschaftlich tätig werden und damit ein unfairer Wettbewerb entstehen würde. Denn natürlich hätte ein Unternehmen mit staatlichem Träger einen Vorteil im Markt, ohne dass die Möglichkeit bestünde, dass die politischen Entscheidungsträger des betreffenden Territoriums dagegen etwas tun könnten.

Innerhalb der kommunalen Gebietskörperschaft hingegen soll die Existenz von Sparkassen gewährleisten, dass die gesamte Bevölkerung, der gewerbliche Mittelstand und Kommunen Zugang zu Kredit haben und somit überhaupt am wirtschaftlichen Leben teilhaben können. Dies ist ihr öffentlicher Auftrag. Sie ist dem Gemeinwohl verpflichtet. Die politischen Akteure müssen sicherstellen, dass die Sparkassen diesem Auftrag gerecht werden, nicht wie private Unternehmen agieren und der wirtschaftlichen Entwicklung der Region durch eine zu starke Stellung im Markt schaden.

Abnahme regionaler Bindung wäre vorprogrammiert

Durch eine Aufhebung des Regionalprinzips würden viele Sparkassen schauen, wo sie sich besonders lukrativ betätigen können, in welche Gebiete eine Expansion sich lohnen könnte. Aufgrund des öffentlichen Auftrags könnten Sparkassen sich nicht gänzlich aus dem Gebiet ihres Trägers zurückziehen, aber der Anteil, den regionale Geschäfte am Gesamtgeschäft haben, kann fast beliebig klein werden. Und je kleiner er wird, desto weniger wichtig ist er für die einzelne Sparkasse und desto weniger bestimmt er ihre geschäftlichen Entscheidungen. Per Definition nimmt dadurch regionale Anbindung ab und damit die Bedeutung, die regionale Daseinsvorsorge für die Geschäftsführung einer Sparkasse hat.

Regionale Anbindung ist ja auch mehr als bloße Geschäftstätigkeit in einer Region. Dass ein Kredit an ein lokales Unternehmen vergeben wird, heißt nicht, dass diese Entscheidung lokal getroffen wurde. Kreditentscheidungen von Großbanken werden beispielsweise überwiegend in ihren Kompetenzzentren in Berlin oder Frankfurt am Main getroffen und mit dieser Distanz werden eigentlich wichtige Entscheidungsfaktoren wie Wissen um Managementqualität, regionale Marktkenntnisse und Kundenstrukturen des lokalen Unternehmens immer unwichtiger. Ähnliche Tendenzen wären für expandierende Sparkassen auch wahrscheinlich und wären ein deutlicher Ausdruck abnehmender regionaler Anbindung, die den Auftrag der Daseinsvorsorge für Entscheidungsträger innerhalb der Sparkasse immer mehr als Last denn als Sinn erscheinen ließe.

Die Existenz von Sparkassen fördert Wahlmöglichkeiten

Nun sind wettbewerbsrechtliche Bedenken kein Pappenstiel, Wettbewerb ist wichtig. Aber er ist kein Selbstzweck; er dient dazu, dass Menschen eine Wahl haben. Und die Wahl haben Bürger, gerade wenn es Sparkassen gibt, die aufgrund eines an der Daseinsvorsorge ausgerichteten Geschäftsmodells anders agieren als Großbanken und somit echte Alternativen darstellen. Aufgrund des nicht primär erwerbswirtschaftlich orientierten Geschäftsmodells sollten Sparkassen weniger anfällig für kurzlebige Trends im Finanzsektor sein, die sich später als fatale Fehler erweisen. Die Wahl haben Menschen auch, weil die regionale Anbindung der Sparkassen überhaupt erst garantiert, dass Bürger auch in strukturschwachen Regionen Finanzdienstleistungen zu bezahlbaren Konditionen jenseits des Direktbankings in Anspruch nehmen können. Dieses Geschäftsmodell gilt es zu unterstützen, anstatt es durch eine Abschaffung des Regionalprinzips auszuhöhlen.

Allerdings mahnt die Monopolkommission zu Recht an, dass manche Sparkassen überwiegend von erwerbswirtschaftlichen Überlegungen geprägt sind, sich also wie normale Geschäftsbanken verhalten und dadurch ihren öffentlichen Auftrag der Daseinsvorsorge aus den Augen verlieren. Damit gefährden sie ihre Daseinsberechtigung. Der Schlüssel ist aber eben nicht, den Zweck der Sparkassen durch eine Entkopplung von der regionalen Wirtschaft noch weiter auszuhöhlen, sondern das Sparkassenwesen wieder deutlich an seinem eigentlichen Zweck auszurichten.

Erfüllung des Gemeinwohlauftrags nachweisen

Dass die Sparkassen diese Existenzberechtigung haben, müssen sie meines Erachtens ständig aufzeigen. Deshalb müssen für Sparkassen weitergehende Transparenzpflichten gelten als für normale Banken. Sie sollten zum einen in finanziellen Aspekten transparent darlegen, wie sich ihr Anderssein darstellt. Vollständige Transparenz über Sponsoringaktivitäten, Vorstandsgehälter und ähnliches müssen da eine Selbstverständlichkeit sein.

Die Sparkassen sollten zum anderen auch durch eine konsequente und nachvollziehbare Berichterstattung über ökologische, soziale und ethische Belange die Erfüllung ihres Gemeinwohlauftrags nachweisen.

Das bedeutet nicht, in jedem Geschäftsbericht ein paar Highlights darzustellen, die vielleicht eher am Rande des Kerngeschäfts liegen (etwa die energetische Sanierung einer Filiale) und häufig die Gewinnverwendung betreffen (etwa das Sponsoring von Kultureinrichtungen).

Vielmehr geht es darum, systematisch, über die Jahre und zwischen Instituten vergleichbare Daten vorzulegen, die erkennbar machen, welche messbare Leistung im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit die Sparkasse für das Gemeinwohl erbringt, inwieweit sie wirklich in ihrem Geschäftsmodell anders ist als ein gewinn orientiertes Institut. Hierzu gibt es spezifische Standards für Finanzdienstleister und Vorbilder aus dem Bereich gemeinnütziger Stiftungen, wo ähnlich rigoros wie bei finanziellen Zielen auch die nicht-finanziellen Ziele prospektiv dargelegt und die Zielerreichung retrospektiv evaluiert wird. Manche Sparkassen sind hier vorbildlich, doch längst nicht alle.

Gerhard Schick, MdB, Finanzpolitischer Sprecher, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag; Berlin

CDU/CSU

"Besondere deutsche Strukturen haben geholfen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen"

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Bereits vor der Finanz- und Schuldenkrise gab es Stimmen, die die Abschaffung des Regionalprinzips der Sparkassen forderten. In der Diskussion wurde das Regionalprinzip unter Verweis auf den EU-Binnenmarkt als überholt und nicht mehr nachvollziehbar angesehen. Mit dem Beginn der Finanzkrise verstummten diese Forderungen zunächst wieder, da das deutsche Dreisäulensystem aus Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken zur Stabilität beitrug. Die Sparkassen hatten hieran einen großen Anteil und waren in der Krise ein verlässlicher Partner für den Mittelstand. Um künftige Krisen verhindern zu können, hat man sich zu Recht nicht mehr dem Regionalprinzip der Sparkassen, sondern vielmehr der notwendigen Regulierung der Finanzmärkte gewidmet. Mit einer Vielzahl von Maßnahmen wurde der Finanzsektor nachhaltig reformiert und krisenfester gemacht. Beispielsweise wurden die Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen für Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken verschärft. Die Quote des harten Kernkapitals wurde auf 4,5 Prozent erhöht und damit mehr als verdoppelt. Auch die Abwicklung von Banken wurde erleichtert und Leerverkäufe verboten. Der Hochfrequenzhandel und der bisher außerbörsliche Handel mit Finanztermingeschäften sowie die Ratingagenturen wurden reguliert. Manager-Boni wurden gedeckelt, die Finanzaufsicht und der Schutz der Privatanleger deutlich gestärkt.

Regulierung noch nicht abgeschlossen

Zwar zeigen diese Reformen bereits Wirkung, wovon Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken gleichermaßen auch profitieren, allerdings ist die Regulierung noch nicht abgeschlossen. Wichtige Regulierungsvorhaben wie die Vollendung der Bankenunion und die Regulierung des Schattenbankensektors stehen nach wie vor auf der politischen Agenda und haben höchste Priorität.

Die Union fühlt sich auch weiterhin dem Ziel verpflichtet, dass kein Finanzmarktakteur, kein Finanzprodukt und kein Markt in Zukunft ohne angemessene Regulierung bleiben dürfen. Da sich das Dreisäulensystem der deutschen Kreditinstitute nicht zuletzt in der Finanzkrise bewährt hat, werden wir bei diesen anstehenden Regulierungsmaßnahmen am Dreisäulensystem festhalten und seine Besonderheiten angemessen berücksichtigen.

Regionalprinzip als Ausprägung föderaler Strukturen

Statt sich also einer konsequenten Fortentwicklung eines Ordnungsrahmens zur Stabilisierung des Finanzsektors zu widmen, scheint die vermeintlich gewonnene Ruhe an den Finanzmärkten dazu einzuladen, sich erneut dem Regionalprinzip der Sparkassen zu widmen. Zu schnell scheint vergessen zu sein, dass es gerade auch diese besonderen deutschen Strukturen waren, die es möglich gemacht haben, gestärkt aus der Krise hervorgehen zu können. Der Bund könnte allein nichts an dem sich aus dem Grundgesetz ergebenden Regionalprinzip ändern. Vielmehr bedürfte es einer breiten Diskussion mit Bund, Ländern und Gemeinden, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt angesichts der noch nicht abgeschlossenen Regulierung des Finanzsektors allerdings nicht sinnvoll ist. Viel entscheidender ist es nun, die bereits verabschiedeten Regulierungsmaßnahmen wirken zu lassen und die weiteren notwendigen Regulierungsschritte in Angriff zu nehmen. Denn auch die Monopolkommission weist zu Recht darauf hin, dass die Regulierung weiterzuentwickeln ist.

Auf europäischer Ebene ist hier zuletzt ein wichtiger Schritt gelungen. Künftig werden zur Rettung einer Bank vorrangig ihre Eigentümer und Gläubiger herangezogen. Als Erstes werden die Eigentümer einer Bank zahlen, danach die nachrangigen Gläubiger und danach die anderen Gläubiger. Damit werden diejenigen zur Haftung herangezogen, die auch die Chancen und Risiken des Bankgeschäfts tragen. Sollte das nicht ausreichen, greift der europäische Bankenabwicklungsfonds, der nach deutschem Vorbild mit Mitteln der Banken gefüllt wird. Nur danach - als letztes Mittel und nur wenn die anderen Maßnahmen nicht ausreichen - können öffentliche Mittel zum Einsatz kommen. In Deutschland schaffen wir gerade die Grundlage, dass diese Haftungsreihenfolge bereits ab dem 1. Januar 2015 gilt.

Dass dies ein wesentlicher Schritt ist, erkennt auch die Monopolkommission an, die die getroffenen Regulierungsmaßnahmen positiv beurteilt. Damit der Finanzsektor auch in Zukunft seiner dienenden Funktion für Volkswirtschaft nachkommen kann, werden wir daher den eingeschlagenen Kurs beibehalten und die notwendigen Regulierungsmaßnahmen auf den Weg bringen. Schritt für Schritt werden wir somit den Finanzmarkt krisenfester machen. Dies wird zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der Finanzmärkte beitragen und den Wirtschaftsstandort Deutschland weiter stärken.

Antje Tillman, MdB, Finanzpolitische Sprecherin, CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Berlin

DIE LINKE

"Die Forderung ist gleichermaßen unsachgemäß wie ideologisch verbohrt" Die Forderung der Monopolkommission, das Regionalprinzip der Sparkassen ins Visier zu nehmen, ist gleichermaßen unsachgemäß wie ideologisch verbohrt. Die Monopolkommission geht an die Frage des öffentlich-rechtlichen Bankensystems mit dem Instrumentarium der neoklassischen Wettbewerbstheorie heran, die im ungehinderten Wettbewerb bei Wahrung der privaten Eigentumstitel die beste Voraussetzung für eine florierende Ökonomie und freie Gesellschaft sieht. Wer mit einer solchen Annahme an die Sparkassen herantritt, verkennt den Charakter der Sparkassen ebenso wie auch die Anforderungen an ein funktionales Bankensystem.

Wohin möglichst freie und unregulierte Finanzmärkte führen, das hat die weltweite Finanzkrise seit 2007 eindrucksvoll vor Augen geführt. Dabei sollte allen aufgefallen sein - auch die Monopolkommission erkennt das beiläufig an -, dass sich die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken in der Finanzkrise als die tragenden Säulen bei der Finanzierung der Realwirtschaft erwiesen haben. Die Teile des öffentlich-rechtlichen Bankensektors, die sich weitgehend vom Regionalprinzip und von der Orientierung auf das Gemeinwohl abgewandt und dem abgehobenen Kapitalmarktgeschäft zugewandt haben, also die meisten Landesbanken, haben in der Finanzkrise ähnlich versagt und Verluste gemacht wie die privaten Großbanken.

Regionalität als Teil von Best Practice

Anders die Sparkassen und Genossenschaftsbanken, deren fortgesetzte Kreditvergabe in der Krise ein Hauptgrund dafür war, dass Deutschland nicht wie die meisten anderen europäischen Länder in eine Abwärtsspirale von Bankenkrise, Kreditklemme, Rezession, Massenarbeitslosigkeit und politischer Krise geraten sind.

Ein Bankensystem hat nicht die Funktion, ein abstraktes Wettbewerbsideal der neoklassischen Theorie nachzubilden. Aufgabe der Banken ist vielmehr, die Unternehmen, die Bürger und den Staat mit den notwendigen Finanzdienstleistungen zu versorgen. Insofern sollte man dem Finanzsektor insgesamt eine dienende Rolle gegenüber Realwirtschaft und Gesellschaft zuweisen. Das Regionalprinzip hat zur Sicherstellung und Stärkung dieser Rolle einen unschätzbaren Beitrag geleistet und könnte quasi als ein Teil von Best Practices angesehen werden.

Die bislang aus der Finanzkrise gezogenen Lehren für die Regulierung und Beaufsichtigung des Bankensystems sind völlig unzureichend. Als Linksfraktion haben wir eine durchgreifende Schrumpfung und Neugestaltung des Bankensektors vorgeschlagen, um die Geschäftsmodelle der Banken auf die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, ein sicheres und transparentes Einlagengeschäft und die Finanzierung realwirtschaftlicher öffentlicher und privater Investitionen zurückzustutzen ("ZEF-Geschäftsmodell").1) Kapitalmarktaktivitäten müssen einen direkten Beitrag zu diesen Geschäften leisten (zum Beispiel ein Termingeschäft zur Absicherung von Währungsrisiken eines Exporteurs). Anderenfalls - und das gilt für den größten Teil der heutigen komplexen Derivatgeschäfte - sind sie bestenfalls verzichtbar und schlimmstenfalls gefährlich.

Das Regionalprinzip ist ein extrem wirksames Korrektiv, um die Verselbstständigung einer Bank in Richtung abgehobener Kapitalmarktgeschäfte zu verhindern. Wer qua Satzung nur in seiner Region Geschäft machen darf und dabei Erfolg haben will, muss sich notgedrungen mit den Bedürfnissen seiner Kunden vor Ort, das heißt den regionalen Wirtschaftsstrukturen und gerade den klein- und mittelständischen Unternehmen gut auskennen.

Regionalpinzip wirkt als Leitplanke ...

Wer als Banker kaum die Wahl hat, die Einlagen seiner Kunden auf den internationalen Finanzmärkten anzulegen oder auf eigene Rechnung dort zu spekulieren, muss sich dem - vermeintlich langweiligen, aber eben für die regionale Wirtschaft entscheidenden - Kreditgeschäft zuwenden. Und das ist auch gut so!

Die sehr niedrigen Kreditausfallquoten der Sparkassen zeigen, dass sie dieses Geschäft - auch wegen des Regionalprinzips - besonders gut beherrschen. Ihre Mitarbeiter sind nicht grundsätzlich die besseren oder sorgsameren Banker, aber das Regionalprinzip sorgt quasi wie eine Leitplanke dafür, die sie sich nicht seitlich ins Dickicht des Finanzcasinos davonmachen.

... und sorgt für belebende Konkurrenz

Im heutigen deutschen Bankensystem kommen Sparkassen und Genossenschaftsbanken dem oben skizzierten ZEF-Geschäftsmodell am nächsten und verdienen daher grundsätzlich Unterstützung (und konstruktive Kritik), statt sie wider bessere Erfahrung aufgrund neoklassischer Theorieerwägungen zum Regionalprinzip anzugreifen.

Wohlgemerkt: Das spricht nicht gegen Wettbewerb. Für einen kundenfreundlichen Umgang und möglichst niedrige Kreditnehmerkosten ist es notwendig, dass sich Sparkassen und Genossenschaftsbanken vor Ort Konkurrenz machen. Das Regionalprinzip sorgt gerade dafür, die diese Konkurrenz belebend und nicht ruinös (oder unter Hinnahme unverantwortbarer Risiken um den Preis immenser Kosten für zukünftige Bankenrettungen) ausgetragen wird.

Kein Gebietskartell

Neben den Vorzügen des Regionalprinzips aus gesamtwirtschaftlicher Sicht verdient aber eine weitere Sichtweise Beachtung: die öffentlich-rechtliche Trägerschaft, die demokratische Kontrolle und die Bindung an das Territorium einer Gebietskörperschaft. Das Regionalprinzip der Sparkassen ist eben kein Gebietskartell, sondern Ausdruck der Tatsache, dass die Sparkassen im Regelfall von einer Kommune getragen werden. Wenn man Demokratie ernst nimmt und die kommunalen Träger und deren parlamentarische Gremien wirksam die demokratische Kontrolle über das Institut ausüben sollen - und das halten wir für einen zutiefst erstrebenswerten Zustand -, dann muss das Engagement der Sparkassen auch an den Grenzen dieses Territoriums haltmachen, um nicht die legitimen demokratischen Rechte einer benachbarten Kommune zu verletzen.2)

Das spricht natürlich nicht gegen einvernehmliche Vereinbarungen und Kooperationen, wenn die legitimierten Entscheidungsträger dies so bestimmen, und genau das wird ja durch den Verbund zum Ausdruck gebracht.

Die den Sparkassen von Seiten der Landesgesetze vorgegebene Gemeinwohlorientierung ist ein unschätzbares Gut und ihre Verankerung in der Region und in der Fläche ist ein Rückgrat der Mittelstandsfinanzierung.

Die Sparkassen beweisen, dass man als öffentlicher Träger und Eigentümer ein Gewerbe professionell so betreiben kann, dass es den Kunden und der Gesamtwirtschaft unmittelbar dient, und das dennoch hinreichend auskömmlich ist, sodass die nicht unwesentlichen Überschüsse (zum Beispiel in Form von Sport- und Kulturförderung) einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl leisten.

Wettbewerb ist kein Selbstzweck

Betrachtet man die unterschiedlichen Bankensysteme in Europa, lösen die Ausführungen der Monopolkommission zum Regionalprinzip als Wettbewerbsbremse Unverständnis aus. Wenn das Regionalprinzip der Sparkassen, das bei den Genossenschaftsbanken ähnlich ausgeprägt ist, eine relevante Wettbewerbseinschränkung darstellt, wie erklärt die Monopolkommission dann, dass Deutschlands Bankenmarkt als besonders wettbewerbsintensiv gilt?

- Die Gewinnmargen der Banken sind im Vergleich zu anderen europäischen Ländern niedrig, die Kreditkonditionen besonders preiswert.

- Viele deutsche Bankdienstleistungen sind günstiger als im europäischen Ausland

- und Kunden mit einem regelmäßigen Einkommen können oftmals zwischen mehreren Bankanbietern wählen.

Ganz anders sieht es aus in den Ländern, die dem neoklassischen Leitbild von Wettbewerb zwischen privaten Banken mit Marktdisziplinierung durch die Börse entsprechen, wie es zum Beispiel in Großbritannien der Fall ist. Die dortigen Großbanken - andere Banken gibt es dort nicht mehr - gehören zu den am wenigsten kundenfreundlichen, haben sehr hohe Gebühren, und Kredite vergeben sie statt an kleine und mittelständische Unternehmen lieber an andere Finanzkonglomerate in der City of London.

Wettbewerb ist kein Selbstzweck, sondern hat seine Berechtigung, wo er den Zugang zu sinnvollen Dienstleistungen verbessert und gesellschaftlichen Zielen und Spielregeln folgt. Einen Wettbewerb hingegen, der demokratische Kontrollmöglichkeiten entwertet und eine gut funktionierende Finanzinfrastruktur gefährdet, braucht keiner. Offensichtlich sind der Monopolkommission bei ihrer Kritik des Regionalprinzips die Pferde durchgegangen.

Fußnoten

1) Den Bankensektor neu ordnen - und mit der Vergesellschaftung beginnen, Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag, 2010, http://dokumente.linksfraktion.net/download/100906-bankensektora5-gesamt.pdf.

2) Neben der kommunalen Trägerschaft unterliegen die Sparkassen in wesentlichen Teilen der Landesgesetzgebung, deren Geltungsbereich ebenfalls klar auf das Territorium des jeweiligen Bundeslandes begrenzt ist.

Dr. Axel Troost, MdB, Finanzpolitischer Sprecher, Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag, Berlin

SPD

"Aus der Zeit gefallen!"

Es ist nicht der erste Versuch der Monopolkommission, die Axt an die Säulenstruktur des deutschen Bankenmarktes zu legen. Vor der großen Krise war das die Dauerbeschäftigung der medialen und professoralen Deregulierer, massiv unterstützt von den großen Finanzinstituten, die gerne noch größer geworden wären. Und nach der Krise? Wie wird der Angriff der Monopolkommission begründet?

Auf imposanten 233 Seiten beschäftigt sich die Monopolkommission mit den Finanzmärkten und kommt dabei immerhin unter anderem zu folgenden Erkenntnissen: "Im Jahr 2012 war die Konzentration des deutschen Bankensystems ... weiterhin die niedrigste der EU 27. Zurückzuführen ist diese niedrige Konzentration auf die zahlreichen Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit teilweise sehr geringen Bilanzsummen." (Absatz 1 341) Auch: "Dagegen sind Sparkassen und Genossenschaftsbanken typischerweise nicht systemrelevant, obwohl sie im Massengeschäft unter Umständen durchaus über eine lokal beziehungsweise regional marktbeherrschende Stellung verfügen. (Absatz 1 382).

Dezentralität sichert die Stabilität

Zu Recht wird in dem Gutachten dann auf die "Too big to fail"-Problematik hingewiesen und die durch die implizite Staatsgarantie gegebene Wettbewerbsverzerrung zugunsten der systemrelevanten Institute. Eigentlich müsste nun das hohe Lied der zahlreichen Sparkassen und Genossenschaftsbanken gesungen werden, die ihre Krisenfestigkeit ja auch empirisch unter Beweis gestellt haben: Viele kleine nicht systemrelevante Institute, die wegen des Regionalprinzips in der Region verwurzelt sind und nah am Kunden für die Daseinsvorsorge und die regionale Wirtschaft unverzichtbar sind.

Das Regionalprinzip regelt, dass Sparkassen nur auf dem Gebiet ihrer Eigentümer tätig werden dürfen. Diese Dezentralität sichert die Stabilität der einzelnen Sparkasse und damit auch die Stabilität des Verbundes. Das müsste eigentlich auch die Monopolkommission überzeugen. Es ist ein seit ewigen Zeiten erprobtes Geschäftsmodell. Es garantiert die Versorgung auch in der Fläche mit Finanzdienstleistungen. Ein wichtiger Punkt, gerade angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland.

Wettbewerbspolitische Rolle rückwärts

Aber stattdessen kommt nun die wettbewerbspolitische Rolle rückwärts. Die Monopolkommission versucht mit ihrem Gutachten, die Sparkassen waidwund zu schießen. Im Mittelpunkt steht auf vielen Seiten die Forderung nach Abschaffung des Regionalprinzips, es folgt die Forderung nach umfassenderer Privatisierung von Sparkassen. Warum? Fehlt es an Wettbewerb auf den Finanzmärkten? Sicher nicht! Der Wettbewerb um den Kunden vor Ort ist beinhart. Auf die im internationalen Vergleich schlechte Ertragslage deutscher Banken weist das Gutachten ausdrücklich hin (Absatz 1 343).

Ist die Abschaffung des Regionalprinzips für die spanischen Cajas ein leuchtendes wettbewerbspolitisches Vorbild? In der Realität war es ein Schritt mit gravierenden negativen Folgen. Der Expansionsdrang der Cajas führte zu einer Immobilienblase, von der sich die spanische Wirtschaft immer noch nicht erholt hat. Warum sollten wir ein schlechtes Vorbild kopieren? Das Regionalprinzip stabilisiert unseren Finanzmarkt.

Wettbewerb wird zur ideologischen Monstranz

Wettbewerb wird hier zur ideologischen Monstranz in der Tradition der neoliberalen Volkwirtschaftslehre. Blutleere und von der Realität abgehobene mathematische Modellbasteleien, die formal bestechend sind, aber nichts erklären, haben die Volkswirtschaftslehre viele Jahre dominiert. Dies gilt auch für die Wettbewerbstheorie.

Der Glaube an die Selbstheilungskräfte der Märkte sollte doch nun endgültig einer realistischeren Sichtweise gewichen sein. Das Beharren auf überholten ordnungsökonomischen Grundsätzen sollte doch längst überwunden sein. Warum eine weitere Deregulierung der Finanzmärkte, nichts anderes bedeuten die Vorschläge der Monopolkommission ja, ein handlungsleitendes Prinzip sein sollen, bleibt im Dunkeln. Es war ja genau diese Deregulierung, die zu dem Desaster der Finanzmarktkrise geführt hat.

Das Regionalprinzip hat seine Krisentauglichkeit bewiesen

Die öffentlich-rechtlichen Institute haben nicht alles richtig gemacht, das hat der Umgang mit den Landesbanken gezeigt. Aber im internationalen Vergleich sind wir so gut durch die Krise gekommen, weil wir ein Drei-Säulen-System mit unseren Sparkassen haben. Es hat keine Kreditklemme gegeben, unter anderem weil das Regionalprinzip dafür gesorgt hat, dass die Sparkassen gerade wegen der Verankerung in der Region in der Lage waren, die Bedürfnisse und Chancen der regionalen Wirtschaft besser als andere zu verstehen.

Das Regionalprinzip hat damit auch seine Krisentauglichkeit bewiesen. Es bleibt der Eindruck, der Kampf gegen das Regionalprinzip ist nur ein Vorwand, um das öffentlich-rechtliche System zu Fall zu bringen. Denn der Kampf gegen das Regionalprinzip ist nur der Hebel, angegriffen wird das System der öffentlich-rechtlichen Sparkassen insgesamt. Warum sollte die Politik solchen Ratschlägen folgen? Der Wirtschaftsminister hat sich bereits deutlich geäußert. Er findet den Ansatz der Monopolkommission "abenteuerlich". Recht hat er.

Statt ideologischen Traumtänzereien hinterherzulaufen, sollte sich die Monopolkommission den aktuellen Problembereichen des Finanzmarktes widmen. Konkrete Vorschläge, die "Too big to fail"-Problematik anzugehen, fehlen genauso wie Vorschläge zur Regulierung des Schattenbankensektors. Es bleibt noch viel zu tun, um eine Wiederholung der Finanzmarktkrise auszuschließen. Die Monopolkommission sollte sich an dieser Aufgabe konstruktiv beteiligen. Neoliberale Geisterfahrten sollten der Vergangenheit angehören.

Manfred Zöllmer, MdB, Stellvertretender Finanzpolitischer Sprecher, SPD-Bundestagsfraktion, Berlin

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