Zweigstelle als Treffpunkt

SEB Banking Lounge - Prestigeobjekt oder Neugeschäftsbringer?

Wenige Schritte von der umsatzstärksten Einkaufsstraße Deutschlands, der Frankfurter Zeil, entfernt hat die schwedische SEB Bank im Jahr 2002 eine außergewöhnliche Filiale eröffnet. Im Steinweg beheimatet der ehemalige Flagshipstore der Modekette Esprit heute die größte der 174 Filialen der SEB in Deutschland mit über 25 000 Kunden. Das Konzept: Erlebnisbanking. Kunden und Passanten vertreiben sich die Zeit im "Financial Corner" mit Tageszeitungen, Wirtschafts-TV und Internetterminals zur freien Nutzung. In die Filiale ist eine Café-Bar integriert. Das Geräusch vom Milchaufschäumer mischt sich mit der Lounge-Musik an der Bar und den unaufdringlichen Klapp- und Zählgeräuschen der zahlreichen Geldausgabeautomaten und Kontodrucker im Filialbereich. Zu den Beratungszonen im ersten Stock führt eine Rolltreppe. Offene Beratungselemente, moderne Lichtführung und geölter, dunkler Parkettboden verraten erst auf den zweiten Blick, dass es sich um eine Bankfiliale handelt.

Der Kontrast zu den Wettbewerbern in unmittelbarer Nähe mit pflegeleichten PVC-Böden und sperrigen Bankschaltern aus den fünfziger Jahren könnte nicht größer sein. Auf insgesamt fünf Etagen und rund 2 000 Quadratmetern hat die Bank das neue Konzept ausgerollt. Rund drei Millionen Euro ließ sich die Bank die Realisierung der Filiale kosten.

Das Konzept Erlebnisbanking ist heute unverändert attraktiv und erfolgreich. Jüngstes Beispiel ist die neue Filiale im Terminal 1B, der Hauptschlagader des Rhein-Main Flughafens Frankfurt mit seinen 70 000 Beschäftigten und Geschäftskunden. Alle Fluggäste, die zwischen den Terminals 1 und 2 pendeln, passieren diesen Ort. Unzählige Linienfluggesellschaften starten aus der Halle B in Terminal 1 in alle Winkel der Erde. Beim Weg durch die riesige Halle bleibt der Blick fast zwangsläufig am SEB-Logo hängen: Mit einer Investition von rund einer Million Euro hat die SEB im Jahr 2007 an diesem einzigartigen Standort auf 240 Quadratmetern die futuristisch anmutende und zugleich gemütliche "Banking Lounge" umgesetzt.

Lässt man den SB-Bereich und die Sortenkasse vor dem Eingang rechts liegen und betritt die Filiale, hat man zunächst eher den Eindruck, ein Café zu betreten. Getränke und Snacks werden dem Gast an der grünen Bar offeriert. Im Sitzbereich daneben können Gäste auf den nächsten Flieger warten und finden Ruhe vor der Hektik des Flughafens. Die eigentliche Banking-Zone ist durch eine Reihe von Internetterminals von der Café-Bar getrennt.

Offene Raumstrukturen ohne Barrieren und hochwertige Filialausstattung schaffen ein behagliches Ambiente und laden zum Verweilen ein: Der ideale Rahmen für Event- und Erlebnisbanking wie Airport-Talkrunden mit Experten oder After-Work-Parties. Zuletzt war die Filiale die Bühne für ein Bene- fiz-Konzert mit einem Sänger der "Söhne Mannheims". Der Lohn der Investitionen: Auszeichnung mit dem Shop-Star-Award 2009 der Fraport AG als Sieger in der Kategorie "Service". Sind die hohen Investitionskosten und die Vorzugsbehandlung dieser beiden Filialen unter wirtschaftlichen und strategischen Aspekten vertretbar?

1. Bankkunden sind anspruchsvoller geworden. Öde Schalterhallen, Warteschlangen und Glasbarrieren zwischen Kunde und Berater sind passé. In den Innenstädten konkurriert die Bankfiliale mit den schillernden Einkaufswelten moderner Konsumtempel. Zudem macht die Multikanal-Strategie der Banken den Filialbesuch für Standardtransaktionen zunehmend überflüssig. Bankfilialen müssen sich organisatorisch, konzeptionell und äußerlich verändern, um zukunftsfähig zu bleiben. Ein Besuch muss Kunden wie Nicht-Kunden echten, spürbaren Mehrwert vermitteln. Das Konzept einer "erlebnisorientierten Bankwelt" steigert die Attraktivität der Filialen für die Kunden. Zugleich werden Strukturen geschaffen, die den Produktvertrieb und das Cross-Selling auf Filialebene nachhaltig fördern.

Dazu sind die Filialen als Akquisitionszone zur Neukundengewinnung in Form eines "öffentlichen Erlebnisraumes" konzipiert. Ein kommunikatives, offenes und modernes Ambiente mit Eye-Catcher-Funktion unterstützt die Inszenierung des Finanzdienstleistungsangebotes. Das erregt Aufmerksamkeit. Das "Gastro-Banking" zieht Passanten und Nicht-Kunden in die Räume der Bank, die Verweildauer und Kundenfrequenz in der Filiale wird deutlich erhöht. Die offenen Beratungselemente in der eigentlichen Banking-Zone fördern die Kommunikation auf Augenhöhe und erleichtern die aktive Kundenansprache.

Natürlich kann das Konzept der Banking Lounge am Flughafen oder der City-Filiale in Frankfurt nicht auf das gesamte Filialnetz ausgedehnt werden. Dafür sind die Investitionskosten zu hoch, zudem fehlt vielen Standorten der nötige Raum oder die Lage garantiert keine ausreichend hohe Kundenfrequenz. Das Grundkonzept besteht daher aus verschiedenen Modulen, die sich getrennt in die einzelnen Standorte übertragen lassen. Je nach Größe und Lage der Filiale können einzelne Bestandteile, beispielsweise der Dialogtresen oder der Financial Corner, eingesetzt werden.

2. Filialen bilden auch heute noch den zentralen Markenkontaktpunkt für Banken. Die Filialen machen die Markenwerte und das Markenversprechen einer Bank erleb- und greifbar. Beispiel SEB: Kompetent, unkompliziert, kreativ, flexibel und sympathisch - diese und andere positive Eigenschaften assoziieren Deutsche mit Schweden. Untersuchungen und Befragungen haben gezeigt, dass Privatkunden sich eine Bank wünschen, deren Eigenschaften weitgehend mit diesen Charakterzügen übereinstimmen. In Deutschland nutzt die SEB daher ihre schwedischen Wurzeln als wertvolles Differenzierungsmerkmal im stark umkämpften Privatkundenmarkt. Als einzige schwedische Filialbank in Deutschland lassen sich diese positiven Assoziationen glaubwürdig mit der SEB verknüpfen.

Entsprechend hat die Bank ihre Marktpositionierung definiert: Die SEB Bank ist der besonders kundenfreundliche schwedische Finanzdienstleister, der für überzeugende Produktaktionen mit klarem Kunden-Mehrwert steht. So unkonventionell wie die Produkte, so ideenreich wie die Finanzlösungen und so serviceorientiert wie die Mitarbeiter muss auch der Markenauftritt in der Filiale ausfallen. Dieses Markenversprechen lösen außergewöhnliche Standorte wie die Banking Lounge und Frankfurt City ein. Unkonventionell und sympathisch sind Bankfilialen mit integrierter Café-Bar auch noch sieben Jahre nach der Premiere, da die überwiegende Zahl der Bankfilialen in Deutschland immer noch so nüchtern, steril und einladend ist wie das Wartezimmer beim Zahnarzt. Die SEB hat mit innovativen Ideen moderne Filialen mit Wohlfühl-Ambiente geschaffen und der Elchkopf aus Plüsch an der Wand untermauert die Attribute sympathisch, schwedisch, anders.

Der Standort bleibt aber immer nur die Kulisse. Entscheidend sind die Mitarbeiter in den Filialen. Sie sind der zentrale Markenkontaktpunkt. Sie lösen die Markenversprechen Service und Beratungsqualität sowie Werte wie Vertrauen und Glaubwürdigkeit ein. Die Finanzkrise hat die Bedeutung der Filialen zusätzlich gestärkt. Privatkunden suchen Banken, deren Solidität sichtbar und deren Mitarbeiter "greifbar" sind. Die SEB Mitarbeiter leben die positiven schwedischen Assoziationen, und die Flaggschiff-Filialen bekräftigen die Modernität und Solidität der Bank. Dieses Gesamtpaket löst das Markenversprechen der SEB in den Filialen für jeden Kunden erlebbar ein.

3. Die Filialen Airport und Frankfurt Steinweg dienen auch als Musterfilialen zum

Test neuer Marketing- und Vertriebskonzepte, die bei Erfolg bundesweit eingesetzt werden können. Aber zu glauben, ihre Ausnahmestellung befreit die Erlebnisfilialen davon, konkrete Geschäftsziele erfüllen zu müssen, ist falsch. Im Gegenteil. Ihre Vorbildfunktion und die hohen Investitionen rechtfertigen anspruchsvolle Zielvorgaben. Die Realisierung der Erlebnisfilialen der SEB war von Anfang an mit konkreten Ertrags- und Wachstumszielen verbunden. Darüber hinaus bilden die beiden Erlebnisfilialen eine ideale Kulisse für Bildmaterial aller Art. Sie sorgen bei internen Schulungsfilmen, externen Imagefilmen, Interviews mit Vorstandsmitgliedern oder Bildern für Medienanfragen für den emotionalen Touch, der die SEB von Wettbewerbern unterscheidet.

Der Erfolg außergewöhnlicher Filialkonzepte steht für die SEB außer Frage. Die Akzeptanz des Konzeptes der Erlebnisfilialen ist bei Kunden und Mitarbeitern ebenso wie bei Passanten groß. Das belegt auch der Blick auf die reinen Zahlen: Die Filiale im Frankfurter Steinweg gewann allein im ersten Jahr 1 000 neue Kunden hinzu. Sie hat seither regelmäßig eine überdurchschnittlich hohe Kundenfrequenz. Die Airport Banking Lounge hat die Zielvorgabe, jährlich rund 1 000 neue Kunden zu gewinnen und liegt bisher voll im Plan. Dieser Standort nimmt bei der Neukundengewinnung die Spitzenposition im gesamten Filialnetz ein. Zudem weist er die höchste Weiterempfehlungsquote aller Filialen auf. Durchschnittlich jeder dritte Kunde der Filiale empfiehlt die SEB weiter. Das erfolgreiche Konzept hat sich zudem nachhaltig positiv auf die Kun-denzufriedenheit und damit auf den Produktabsatz in diesen Geschäftsstellen ausgewirkt.

Darüber hinaus fungieren die beiden Erlebnisfilialen als starker Multiplikator der Marke SEB und leisten einen wichtigen Beitrag zur Markenbekanntheit in Deutschland, zur Steigerung der SEB als attraktiver Arbeitgeber und zum Stolz der Mitarbeiter auf dieses Unternehmen.

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