Blickpunkte

Verbraucherinsolvenzen - Redliche Schuldner und Wiederholungstäter

Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen in Deutschland ist im Jahr 2011 um 6 760 Fälle oder 6,1 Prozent auf 103 200 Fälle zurückgegangen, so weist es der Verband der Vereine Creditreform e. V., Neuss, aus. So positiv, wie sie auf den ersten Blick erscheint, ist diese Nachricht nicht. Zum einen ist es gut möglich, dass der Rückgang durch eine abwartende Haltung überschuldeter Privatpersonen bedingt ist, die die vom Gesetzgeber geplante Verkürzung der Wohlverhaltensperiode abwarten wollen. Zudem sind die 103 200 Fälle des Jahres 2011 trotz der stabilen Wirtschaftslage immer noch der dritthöchste Wert seit der Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999. (Nur 2010 und 2007 lagen die Zahlen noch höher.) Und es wurde zum vierten Mal die Schallmauer von 100000 Privatinsolvenzen pro Kalenderjahr durchbrochen.

Mit anderen Worten: Die Verbraucherinsolvenz bleibt ein Massenphänomen. 6,41 Millionen Personen in Deutschland sind weiterhin überschuldet. Auch für die kommenden Jahre ist also nicht mit einem deutlichen Rückgang der Verbraucherinsolvenzen zu rechnen. Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e. V. (BDIU), Berlin, erwartet sogar einen Anstieg um bis zu 20 Prozent, wenn die zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform so in Kraft treten sollte, wie sie das Bundesjustizministerium Ende Januar vorgestellt hat.

Creditreform zumindest verwies schon 2010 auf die bedenkliche Entwicklung, dass ein wachsender Anteil insolventer Privatpersonen nach Ablauf der Wohlverhaltensphase wieder negativ auffällig wird. Eine Halbierung dieser Phase auf drei Jahre wäre zumindest für diese Personengruppe sicher das falsche Signal. Daran ändert vermutlich auch die vom Ministerium vorgeschlagene Mindestquote von 25 Prozent nichts, mit der ein insolventer Verbraucher seine Gläubiger befriedigen soll, um in den Genuss der verkürzten Wohlverhaltensphase zu kommen.

Während der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen den Gesetzesentwurf deshalb schwer kritisiert, ist die Gläubigerschutzvereinigung Deutschland e. V., Köln, optimistischer. Sie verweist auf die Tatsache, dass nach den Erhebungen der Schufa mehr als 50 Prozent der insolventen Verbraucher nach Erteilung der Restschuldbefreiung nicht wieder negativ auffallen. Ob diese Quote derer, die aus ihren Fehlern lernen, aus Gläubigersicht wirklich als hoch bewertet werden kann, darüber lässt sich sicher trefflich streiten.

Uneingeschränkt stimmt die Gläubigerschutzvereinigung der Ministeriumsvorlage deshalb auch nicht zu. Sondern sie fordert, die geplante Verkürzung der Wohlverhaltensperiode gesetzlich an eine Zustimmung der Gläubiger zu knüpfen. Dann läge es in der Verantwortung der Gläubiger zu beurteilen, ob ein Schuldner, der seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, zur Gruppe der "Wiederholungstäter" gehört oder wirklich unverschuldet in Not geraten ist, aber zur Gruppe der aktiv redlichen und wirtschaftlich agierenden Schuldner zählt. Red.

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