bankassurance

Versicherungsgeschäft: raus aus der Defensive

Versicherer bieten KfW-unterstützte Immobilienfinanzierungen an, Internet-Vergleichsplattformen Konsumentenkredite - längst müssen sich Kreditinstitute im ohnehin hart umkämpften Wettbewerb um den Bankkunden auch gegen Unternehmen anderer Branchen behaupten. Die meisten Banken und Sparkassen konzentrieren sich angesichts dieser Entwicklung darauf, ihr eigenes Terrain zu verteidigen. Dabei gibt es für sie gerade im Versicherungsbereich ein großes Potenzial. Um dieses besser ausschöpfen zu können, sollten die Kreditinstitute allerdings ihre Beschränkung auf die Zusammenarbeit mit einer oder wenigen Versicherungsgesellschaften überdenken.

Cross-Selling-Potenzial nur zu einem Drittel ausgeschöpft

Jeder Deutsche benötigt durchschnittlich sieben Versicherungen. Allerdings betreuen die Banken derzeit im Schnitt nur 2,1 Verträge pro Kunde, wie die Studie "Bankassurance" der SDV - Servicepartner der Versicherungsmakler AG zeigt. Die Kreditinstitute schöpfen gegenwärtig also noch nicht einmal ein Drittel ihres Cross-Selling-Potenzials aus.

Damit treiben sie die Kunden direkt in die Arme der Versicherungsunternehmen, die diese Möglichkeit zur Kundengewinnung optimal auszunutzen wissen: Sie bauen Vertrauen auf und erweitern die Geschäftsbeziehung auf Produkte und Dienstleistungen außerhalb ihres Kerngeschäfts - unter anderem aus dem traditionellen Geschäftsfeld der Banken wie Baufinanzierungen.

Dabei besitzen Kreditinstitute ideale Voraussetzungen für das Cross-Selling. Schließlich haben sie gegenüber Versicherern einen entscheidenden Vorteil: Sie kennen ihre Kunden. Durch einen Blick in deren Kontobewegungen sehen sie zum Beispiel, ob der Kontoinhaber bereits einen Riester-Vertrag abgeschlossen hat. Werden bei einem Kunden, der gerade sein Abitur hinter sich hat, Mietzahlungen abgebucht, benötigt er mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Hausrat- und vielleicht noch eine Haftpflichtversicherung. So können die Institute ihre Kunden gezielt auf eventuelle Versicherungslücken ansprechen, bevor sich diese damit an die Versicherungsunternehmen wenden.

Banken bei Lebensversicherungen führend

Im Bereich der Lebensversicherungen haben sich die Banken und Sparkassen bereits etabliert. Mit einem Marktanteil von über 30 Prozent wird mittlerweile sogar der Großteil dieser Policen am Bankschalter verkauft. Die Stärke und Präsenz der Kreditinstitute in diesem Bereich erklärt sich unter anderem mit der einfachen Struktur dieser Produkte, die in vielen Fällen von den Bankberatern ohne Unterstützung durch Versicherungsexperten vermittelt werden können. Deshalb können die Banken bei Lebensversicherungen auf ihr gesamtes Vertriebsnetz zurückgreifen, das bis in die Filialen vor Ort reicht. Darüber hinaus handelt es sich bei Lebensversicherungen um Produkte mit einem geringen Differenzierungspotenzial. Denn im Gegensatz zu Sachversicherungen, wo sich Beiträge und Leistungen der verschiedenen Anbieter zum Teil deutlich voneinander unterscheiden, gibt es bei den Lebensversicherern eine einheitliche, gesetzlich garantierte Verzinsung der eingezahlten Sparbeträge. Dass laut der SDV-Studie 65 Prozent lediglich mit einer Versicherungsgesellschaft aktiv zusammenarbeiten und ihren Kunden damit eine gegenüber den tatsächlichen Möglichkeiten am Markt deutlich eingeschränkte Produktvielfalt anbieten, erweist sich deshalb in diesem speziellen Produktsegment nicht als Nachteil.

Der Komposit-Vertriebserfolg hängt an der Zahl der Versicherungspartner

Ganz anders stellt sich die Situation zum Beispiel bei Sach-, Schaden- oder auch Unfallversicherungen dar. Hier sind Preisunterschiede von bis zu 30 Prozent keine Seltenheit, wie die Erfahrungen der SDV zeigen. Hinzu kommen zum Teil erhebliche Leistungsunterschiede. Im Gegensatz zu Lebensversicherungen ist das Vergleichspotenzial in diesem Bereich also groß. Die Kunden erwarten vom Anbieter eine entsprechend breite Auswahl aus verschiedenen Produkten und eine Beratung, die aus dieser Vielfalt das für sie optimale Angebot erkennt.

Dies wird auch durch die Studie der SDV bestätigt. Demnach betreuen Banken, die lediglich mit einer Gesellschaft aktiv zusammenarbeiten, zwei Verträge pro Kunde. Institute mit mindestens acht verschiedenen Partnern können die Vertragsdichte im Schnitt um mehr als 50 Prozent steigern. Es gibt also einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einem breiten Produktangebot und dem Vertriebserfolg im Versicherungsgeschäft der Banken.

Hier zeigt sich die Schattenseite der Bindung vieler Kreditinstitute an eine bestimmte Versicherungsgesellschaft. Denn durch die enge Beschränkung bei der Produktauswahl bieten die Banken und Sparkassen ihren Versicherungskunden nur einen Bruchteil der am Markt bestehenden Möglichkeiten an. Neben der geringeren Vertragsdichte verpassen sie damit auch die Chance, sich gegenüber ihren Kunden als Allfinanz-Experte zu positionieren und sie langfristig an sich zu binden.

Nur jede zehnte Bank mit Maklerstatus

Dennoch halten die meisten Banken an ihrem bisherigen Kooperationsmodell fest. Gerade einmal neun Prozent aller Kreditinstitute verfügen laut SDV-Studie über einen Maklerstatus im Vermittlungsregister des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Damit hat nur jedes zehnte Institut keine feste Bindung an bestimmte Vertragspartner, sondern kann seinen Kunden eine Vielzahl verschiedener Versicherungen anbieten.

Hier ist dringend ein Umdenken bei den Banken und Sparkassen gefordert. Schließlich zeigt das Beispiel Lebensversicherungen, dass die Institute das Cross-Selling grundsätzlich beherrschen. Um auch in den anderen Versicherungssparten erfolgreich zu sein, müssen sie jedoch ihren Versicherungsvertrieb umstellen. Die produktorientierte Beratung, die bei den Lebensversicherungen erfolgreich angewandt wird, muss einer ganzheitlichen Beratung weichen, die sich an den Bedürfnissen der Kunden orientiert. Und dazu gehört auch, dass man ihnen die Auswahl aus einer möglichst breiten Produktpalette bietet.

Doch warum nutzen die Banken ihr Potenzial im Versicherungsgeschäft nicht aus? Hier liefert die Studie klare Ergebnisse: Die meisten Institute scheuen den hohen Verwaltungs- und Organisationsaufwand, der ihrer Ansicht nach durch die Erweiterung der Kooperationspartner entsteht. Schaut man sich die derzeitigen Geschäftsprozesse an, ist diese Sicht durchaus verständlich. So schließen 92 Prozent direkte Vereinbarungen mit den Versicherungsunternehmen ab, mit denen sie zusammenarbeiten. Bei einem oder wenigen Kooperationspartnern ist das noch möglich. Bei einer Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Versicherern wäre der Aufwand für das einzelne Institut hingegen bei Weitem zu groß.

Hinzu kommt, dass kaum ein Bankberater in der Lage ist, bei der Vielzahl der sich ständig ändernden Versicherungsangebote den Überblick zu behalten. Auch die Abrechnung der Provisionseingänge stellt viele Banken vor große Herausforderungen. Schon jetzt prüfen 54 Prozent der von der SDV befragten Institute ihre Bestands- und Folgeprovisionen nicht vollständig. Bei der Betreuung von Verträgen vieler Versicherungsgesellschaften wären die Banken aufgrund des erhöhten Aufwands mit großer Wahrscheinlichkeit mit der Abrechnung der Provisionen überfordert.

Geschäftsprozesse vereinfachen

Wie die Studie zeigt, haben die Kreditinstitute dieses Problem erkannt und suchen nach Möglichkeiten, ihre Geschäftsprozesse zu vereinfachen.

So wünschen sich 69 Prozent der befragten Banken einen externen Service, der aus der Vielzahl der Versicherungsangebote das auf die Bedürfnisse des jeweiligen Kunden abgestimmte Produkt schlüsselfertig zuliefert.

Unterstützung erhoffen sich die Institute gerade bei Sachversicherungen: 72 Prozent wünschen sich in diesem Bereich Hilfe bei der Analyse von Einsparpotenzialen ihrer Kunden.

Eine überprüfte und recherchierte Provisionsabrechnung, die alle Gesellschaften umfasst, mit denen das Institut zusammenarbeitet, wäre für jede zweite Bank eine sinnvolle Erweiterung ihres Versicherungsvertriebs.

Angesichts dieses deutlich geäußerten Wunsches nach einfacheren Geschäftsprozessen überrascht die Erkenntnis, dass lediglich 15 Prozent der befragten Kreditinstitute gegenwärtig die Möglichkeit nutzen, ihr Back-Office an eine externe Servicegesellschaft auszulagern. Damit verpassen sie die Chance, ihren Versicherungskunden umfassende Dienstleistungen anbieten zu können und gleichzeitig die Geschäftsprozesse schlank zu halten.

Servicegesellschaften übernehmen die komplette Abwicklung des Maklervertrages - von der Auswahl der geeigneten Produkte über die Risikoabfrage bis zur Abwicklung der Provisionseingänge. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass sich die Zusammenarbeit mit entsprechenden Partnern im Versicherungsvertrieb lohnt. So liegt die Vertragsdichte pro Versicherungskunde bei Kreditinstituten, die mit einem externen Partner zusammenarbeiten, um 15 Prozent über der Vertragsdichte von Banken, die ohne externen Partner auskommen.

Damit können die Banken ihre Provisionseinnahmen deutlich erhöhen. Die Steigerung des Erlösgeschäfts durch das Cross-Selling ist allerdings nur ein Aspekt. Vermutlich noch entscheidender ist die Möglichkeit, durch ein umfassendes Allfinanz-Konzept die eigenen Kunden an sich zu binden. Dadurch gewinnen am Ende alle Beteiligten: Die Bank, die ihre Einnahmen erhöhen und Kundenbindung ausbauen kann, die Versicherungsgesellschaft, die ihre Absatzmöglichkeiten über den Maklervertrag deutlich erhöht, und nicht zuletzt der Kunde, der das für ihn optimale Angebot erhält.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X