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Vertrieb von Lebensversicherungen: Banken erstmals an der Spitze

2008 hatte die Unternehmensberatung Towers Watson das Wachstumspotenzial des Bankvertriebs im Bereich Lebensversicherung noch als weitgehend ausgereizt bezeichnet und den Marktanteil der Kreditinstitute in diesem Geschäft für 2011 mit 27,0 Prozent prognostiziert. Nun hat sich gezeigt, wie schwierig solche Voraussagen in diesen unruhigen Zeiten sind. Denn im Jahr 2010 hat sich der Vertriebswegemix bei der Lebensversicherung so deutlich verschoben wie zuletzt vor fünf Jahren, als die Reduzierung des Steuerprivilegs die Marktstrukturen deutlich verändert.

Dem Vertriebswege-Survey 2010/2011 zufolge stiegen die Kreditinstitute dabei zum ersten Mal zum führenden Absatzkanal für die Lebensversicherung auf, nachdem sie erst 2009 erstmalig den zweiten Platz belegt hatten. Für 2010 wird ihr Marktanteil auf 32,1 Prozent gemessen an den APE (Annual Premium Equivalent, der Summe aus laufenden Neubeiträgen und zehn Prozent der Einmalprämien) beziffert. Die Marktanteilsgewinne der Banken und Sparkassen um 3,4 Prozentpunkte gingen zulasten der Ausschließlichkeitsorganisationen, die im Vorjahr erstmals seit Jahren wieder den ersten Rang belegten (minus 1,9 Prozentpunkte auf 27,7 Prozent), und der unabhängigen Vertriebe (minus 1,5 Prozentpunkte auf 25,8 Prozent).

Anlagegelder umgeschichtet

Der Bedeutungszuwachs des Bankvertriebs ist nicht zuletzt auf dessen traditionell starke Position im zuletzt stark boomenden Einmalbeitragsgeschäft zurückzuführen. Doch auch bei Produkten gegen laufenden Beitrag (wie Kapitallebensversicherungen und baV) haben Kreditinstitute der Studie zufolge deutlich zugelegt. Profitiert hat der Absatzkanal Bank dabei vom schwierigen Kapitalmarktumfeld, sind doch sofort beginnende und aufgeschobene traditionelle Rentenversicherungen mit Verzinsungen zwischen drei und vier Prozent im Vergleich zu anderen Anlageprodukten derzeit deutlich attraktiver. Deshalb wurden Kundengelder aus anderen Anlage klassen in Versicherungsprodukte umgeschichtet.

Nur ein Einmaleffekt?

Ob die starke Marktposition der Banken beim Vertrieb von Lebensversicherungen von Dauer sein wird, wird von Towers Watson bezweifelt. Eine Prognose, wie sich die Vertriebswegeanteile in den nächsten Jahren verändern werden, ist zweifellos schwierig, zumal die Attraktivität von Lebensversicherungen stark von der Rentabilität und Volatilität anderer Produkte abhängt. Zudem ist unklar, wie die zu erwartenden regulatorischen Änderungen die Vertriebswelt verändern werden. Auf konkrete Voraussagen wird in diesem Jahr deshalb verzichtet.

Die Tendenz dürfte aber für den Bankvertrieb eher in Richtung Marktanteilsverluste gehen. Gefragt, welche Vertriebswege für ihr Unternehmen in den kommenden fünf Jahren von Bedeutung sein werden, nennen 63 Prozent der befragten Versicherer die Makler als Kanal mit zunehmender Bedeutung. Für den Bankvertrieb erwarten 56 Prozent eine Bedeutungszunahme. Das ist zwar gegenüber dem Vorjahr ein leichter Rückgang um einen Prozentpunkt. Gleiches gilt aber auch für den Anteil derer, die den Bankvertrieb als bedeutungslos oder als Vertriebskanal mit abnehmender Relevanz bewerten (jeweils sechs Prozent

gegenüber sieben Prozent im Vorjahr). Ihre Position als führender Absatzweg dürfte die Kreditwirtschaft somit wohl wieder verlieren. Unter den wichtigsten Partnern der Assekuranz wird sie sich aber dennoch wohl behaupten können.

Produktpalette anpassen

Insgesamt geht die Studie davon aus, dass die unabhängigen Vertriebe in den nächsten Jahren wieder Marktanteile zulasten der Banken zurückgewinnen werden. Bereits kurzfristig profitieren sie auf Kosten der Kreditinstitute vom Rückgang des Einmalbeitragsgeschäfts. Denn sie seien hinsichtlich ihrer Produktschwerpunkte gut aufgestellt: bei bAV und Berufsunfähigkeitsprodukten, aber auch Fondspolicen und modernen Garantieprodukten, die aufgrund von Solvency II und sinkender Garantiezinsen mehr in den Fokus des Vertriebs rücken werden. Auch die Kreditwirtschaft wird somit künftig verstärkt solche Produkte in ihre Produktpalette aufnehmen müssen.

Den Direktvertrieb müssen Banken und Sparkassen als Konkurrenz offenbar nach wie vor nicht fürchten: Dessen Marktanteil bewegt sich unverändert um die vier Prozent - und eine gute Hälfte der befragten Repräsentanten der Assekuranz geht davon aus, dass sich daran nichts Wesentliches ändern wird. Nur jeder Fünfte rechnet mit einer wachsenden Bedeutung, jeder Vierte misst dem Direktvertrieb keine Bedeutung zu, vier Prozent rechnen sogar mit einem Bedeutungsverlust.

Beim Vertrieb privater Krankenversicherungen haben Banken und Sparkassen mit einem Marktanteil von gerade einmal 3,5 Prozent (plus 0,2 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr) immer noch kaum einen Fuß in der Tür. Dieses Geschäft wird von den Ausschließlichkeitsorganisationen (48,9 Prozent Marktanteil) und den unabhängigen Vermittlern (40,4 Prozent) dominiert, wobei der Ausschließlichkeitsvertrieb seit Jahren kontinuierlich zugunsten der Unabhängigen an Bedeutung zulegt. Insbesondere beim Verkauf von Krankenvollversicherungen spielt der Bankvertrieb keine nennenswerte Rolle. Etwas besser positioniert ist er bei den Krankenzusatzversicherungen. Mit einem Marktanteil von 5,1 Prozent hatten Banken und Sparkassen 2010 aber auch hier einen Marktanteilsverlust von 0,4 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr hinnehmen müssen. Ihre bislang beste Marktposition hatten sie im Jahr 2007 mit einem Marktanteil von 6,4 Prozent. Red.

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