Blickpunkte

Wissenschaftliches Investieren - Viel Überzeugungsarbeit

Das aktive Management von Fonds ist gescheitert. Darüber wird in der Wissenschaft nicht mehr diskutiert, es ist empirische Evidenz. So formuliert es der Kapitalmarktforscher Prof. Stefan May, seit Mitte Februar Leiter Asset Management der Quirin Bank AG, Berlin. Marktentwicklungen sind letztlich nicht prognostizierbar, und Anlagestrategien, die auf eine solche Prognose setzen, sind allenfalls zufällig erfolgreich. Deshalb sind sporadische Erfolge des aktiven Managements nicht nachhaltig.

Für den Fondsanleger bedeutet das May zufolge: Von der Rendite des Marktes erreichen Fonds im Mittel nur 88 Prozent. Und beim Anleger kommen, die entstehenden Kosten mit berücksichtigt, sogar nur 43 Prozent der Marktrendite an. Mit dem "Monkeydex", bei dem ein Affe mit Dart-Pfeil-Würfen über die Zusammensetzung eines Portfolios entscheidet, stünde sich der Anleger somit in Sachen Rendite nicht schlechter. Der Affe ist aber wesentlich günstiger als ein aktiver Fondsmanager.

Die Kapitalmarktforschung, so May, hat jedoch mittlerweile das konstruktive Stadium erreicht: Sie konstatiert nicht mehr bloß, welche Ansätze nicht erfolgreich sind, sondern sie sagt auch, welche Strategien funktionieren. Die Forschungsergebnisse wurden zu klaren Anlagegrundsätzen verdichtet, die es erlauben, eine klare Trennlinie zwischen Investition und Spekulation zu ziehen. Zu vermeiden sind demnach eine undiversifizierte Einzeltitel-Orientierung, das sogenannte "Story-Investing", eine bei Privatanlegern verbreitete zu starke Fokussierung auf den Heimatmarkt und die Anlehnung an breite und bekannte Marktindizes, da sogenannte "Small Caps" deutlich höhere Renditechancen bieten als der Gesamtmarkt.

Die Vorstellung, dass ein aktives Management keine Wertschöpfung bringt, ist jedoch Kunden wie Beratern gleichermaßen schwierig nahezubringen. Bei den Beratern kratzt es am Selbstbild, zugeben zu müssen, dass auch eine regelmäßige Beschäftigung mit den Kapitalmärkten keine zuverlässige Prognose darüber ermöglicht, mit welcher Anlagestrategie sich dauerhaft die beste Rendite erzielen lässt. Und auch Kunden sind davon überzeugt, dass sich Erfahrung und Know-how der Experten doch in solche Erfolge ummünzen lassen müssten.

Auch die Quirin Bank hat sich deshalb nicht ganz von einer Beratung verabschiedet, die auf aktives Management setzt. Bei den vermögenden Privatkunden, die eine Honorarberatung in Anspruch nehmen, ist nach Angaben der Bank die Erwartungshaltung, mit einem aktiven Management vielleicht doch eine Rendite über dem Marktniveau zu erreichen, sogar noch ein wenig ausgeprägter als bei anderen Kreditinstituten.

Im Vordergrund steht jedoch bei der Honorarberatung mittlerweile das wissenschaftliche Investieren, das die Bank seit Ende 2013 anbietet. Insgesamt 130 Millionen Euro waren im Juni nach diesem Ansatz investiert, das entspricht 13 Prozent des Kapitals in der Vermögensverwaltung. Das wissenschaftliche Investieren ist inzwischen der am stärksten wachsende Bereich in der Quirin Bank.

Dazu ist aber eine Menge Überzeugungsarbeit zu leisten. Es gilt dem Kunden zu vermitteln, dass der Abschied vom aktiven Management keine Passivität bedeutet, sondern dass die Zusammenstellung eines solchen Depots, das zu Risikoneigung und Risikotragfähigkeit des Kunden passt, ein "anspruchsvolles Handwerk" ist. Dazu gehört auch ein regelmäßiges Rebalancing, um sicherzustellen, dass die festgelegte Depotstruktur und damit das gewählte Risikoniveau auch beibehalten wird. Unter dem Namen Quirion wird das Konzept auch im Internet vermarktet. Dort richtet man sich zwar auch an Kunden mit kleineren Vermögen ab 10 000 Euro. Dafür muss der Kunde sich jedoch selbst zwischen verschiedenen Markszenarien entscheiden, zu denen jeweils (fast zu viele) Informationen geboten werden. Hier ist schon einiges an Sachverstand gefragt. Für die Masse der Retailkunden eignet sich Quirion also vermutlich trotz der niedrigen Kosten nicht. Die Vermarktung ist allerdings auch noch nicht richtig angelaufen. Red.

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