Rechtsfragen im Retailbanking

Bearbeitungsgebühren für Ratenkredite - erstaunliches Verbot

Bei der Bearbeitung eines Kredits entsteht jeder Bank grundsätzlich ein Aufwand. Bislang war es bei Verbraucherkrediten wie auch bei anderen Krediten daher üblich, dass Banken als Bestandteil des effektiven Jahreszinses auch Bearbeitungsgebühren berechnet und ausgewiesen haben. Am 13. Mai dieses Jahres hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Erhebung von Bearbeitungsgebühren in den AGB von Verbraucherkreditverträgen für unzulässig erklärt.

Dem Urteil ging eine Reihe von Gerichtsentscheidungen niedrigrangiger Instanzen voraus, die zu keiner einheitlichen Auffassung gelangt waren. Bereits lange vor dem Entscheid des obersten Gerichts hat allerdings der Markt von selbst für einen Wegfall der Gebühren gesorgt. So haben viele Banken bereits ab dem Jahr 2011 aufgehört, Bearbeitungsgebühren zu nehmen.

Kaufmännisches Verhalten

Was der BGH am 13. Mai nicht entschieden hat, ist, dass Banken oder andere Dienstleister und Produkthersteller diejenigen Kosten, die bei der Erbringung einer Dienstleistung oder der Erstellung eines Produktes entstehen, nicht in den Preis einkalkulieren dürfen. Es ist selbstverständliches und kaufmännisch vernünftiges Verhalten, dass die Herstellungskosten Bestandteil des Preises sind. Und es ist selbstverständlich angemessen, dass ein Kaufmann die Herstellungskosten im Ergebnis gerade nicht selbst trägt.

Der BGH hat im betreffenden Fall nur entschieden, dass beim Verbraucherkredit - soweit es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt - eine Aufteilung des Preises in laufzeitabhängige Zinsen und ein Einmalentgelt in Form von Bearbeitungsgebühren unwirksam ist. Eine solche Preisaufteilung in laufzeitabhängige Mengen- oder Bezugspreise und in Einmalentgelte ist in anderen Geschäften des täglichen Lebens gängige Praxis. So sind Vertragsabschluss- und Bereitstellungspreise zum Beispiel in der Telekommunikationsbranche üblich. Auch Handwerker und Monteure berechnen nicht selten eine Anfahrtsgebühr, auch dann, wenn ihr Auftraggeber zum vereinbarten Termin nicht anwesend war.

Kostenumverteilung zwischen den Kunden

Grundsätzlich sieht der BGH nur einen laufzeitabhängigen Zins als Preis für die Kapitalnutzung, nicht aber ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt. Dies führt künftig dazu, dass die kaufmännisch vernünftige Methode der Preiskalkulation im Rahmen der unabdingbar bei jeder Produkterstellung oder Dienstleistungserbringung entstehenden Einmalkosten in den Zins einkalkuliert werden müssen.

Da eine Bank damit rechnen muss, dass viele Verbraucherkredite aufgrund der vom Gesetz vorgesehenen jederzeitigen Kündbarkeit durch den Verbraucher vor der ursprünglich vereinbarten Laufzeit beendet werden, und die Bank in der verkürzten Laufzeit nicht einmal ihre Selbstkosten decken kann, muss sie die durch die vorzeitigen Vertragsbeendigungen entstehenden Ertragsverluste in den allgemein von jedem Kreditnehmer verlangten Zins einkalkulieren. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich die BGH-Entscheidung nicht auf die Effektivzinssätze am Markt auswirken wird. Die Entscheidung wird aber zur Folge haben, dass Kreditnehmer, die ihren Kreditvertrag bis zum vertraglichen Ende zurückzahlen, die Kosten tragen müssen, die der Bank durch vorzeitig abgelöste Kredite entstehen.

Jahrzehntelange Fehlentscheidungen oder Rechtsfortentwicklung?

Sowohl der europäische als auch der deutsche Gesetzgeber haben eine Preisaufteilung bei Verbraucherkrediten und insbesondere die Berechnung von Bearbeitungsgebühren bisher nicht beanstandet, vielmehr wurden diese in vielen Gesetzesbegründungen als selbstverständlich vorausgesetzt. In der deutschen Preisangabenverordnung wurden Bearbeitungsgebühren sogar ausdrücklich erwähnt, und es war geregelt, dass diese in den effektiven Jahreszins einzurechnen sind.

Die deutsche Gerichtsbarkeit und vor allem der Bundesgerichtshof haben jahrzehntelang in einer Vielzahl von Gerichtsurteilen Bearbeitungsgebühren nicht beanstandet, sondern vielmehr den Banken zugesprochen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Gerichte jahrzehntelang Fehlentscheidungen zulasten der Verbraucher getroffen haben oder ob es sich um eine Rechtsfortbildung handelt, die sich in den letzten drei Jahren bei den Ober -landesgerichten entwickelte und jetzt vom obersten deutschen Zivilgericht bestätigt wurde.

Verjährung nach drei Jahren

Zur Frage der Verjährung von Rückforderungsansprüchen wird der BGH voraussichtlich am 28. Oktober 2014 entscheiden. Sowohl die aktuelle Rechtsprechung als auch Experten gelangen dabei mehrheitlich zur Auffassung, dass etwaige Ansprüche nach drei Jahren verfährt sind. So kommt ein aktuelles Gutachten von Prof. Andreas Piekenbrock, Universität Heidelberg, zu dem Ergebnis, dass die Verjährungsfrist drei Kalenderjahre nach Entrichtung der Bearbeitungsgebühr abläuft. Demzufolge sind alle Rückforderungsansprüche für Gebühren, die vor 2011 gezahlt wurden, verjährt.

Das Gutachten analysiert die höchstrichterliche Judikatur zum Verjährungsfristbeginn und überträgt die existierende Rechtsprechung auf die Verjährung etwaiger Rückforderungsansprüche in den Fällen von Bearbeitungsgebühren. Der Gutachter kommt zu dem Schluss, dass der Beginn der Verjährungsfrist nicht wegen vermeintlich "unübersichtlicher und zweifelhafter Rechtslage" hinausgeschoben ist, sondern die Verjährungsfrist, wie üblich, mit Jahresablauf der Gebührenentrichtung beginnt. Demgemäß verjähren etwaige Rückforderungsansprüche drei Kalenderjahre nach Leistung der Gebühr.

Nach Ansicht von Professor Piekenbrock wird die Gebühr im Fall der Kreditierung und sofortigen Verrechnung im Zeitpunkt der Kreditauszahlung geleistet. Er sieht dies als "Verkürzung des Leistungsweges" gegenüber der wirtschaftlich identischen, aber umständlicheren Alternative, die Bearbeitungsgebühr zwar zu kreditieren, den Darlehensbetrag jedoch voll auszubezahlen und sich die Gebühr anschließend sofort vom Kreditnehmer vergüten zu lassen.

Unzutreffend ist demzufolge die Ansicht, wonach weiterhin ein Auszahlungsanspruch besteht, wenn sich die Gebührenabrede im Rechtsstreit als unwirksam erweist. Es entsteht vielmehr am Anfang der Kreditlaufzeit ein Bereicherungsanspruch. Wird die Gebühr nicht kreditiert und sofort verrechnet, sondern über die Laufzeit - zum Beispiel als anfängliche Rate(n) oder zusammen mit sämtlichen Raten - entrichtet, entsteht ein etwaiger Bereicherungsanspruch im Zeitpunkt dieser Zahlung(en). Welche Variante im Einzelfall zutrifft, richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Bank und Kunde.

Transparenter als bei anderen Geschäften

Für den Verbraucher war die Preisangabe bei Verbraucherkrediten schon immer transparent. Die Bearbeitungsgebühr und die Zinsen wurden in den vorvertraglichen Informationen und im Kreditvertrag gesondert ausgewiesen. Darüber hinaus schreibt das Gesetz die Angabe des effektiven Jahreszinses vor, in den die Bearbeitungsgebühren einzurechnen sind. Damit hatte der Verbraucher immer eine klare und eindeutige Vergleichsgrundlage, mit der er Kredite mit und ohne Bearbeitungsgebühren vergleichen konnte.

Der Verbraucher hat den effektiven Jahreszins regelmäßig als Vergleichsmaßstab bei der Suche nach dem für ihn passenden Kreditangebot genutzt. Er dürfte sich somit eigentlich durch die jetzt vom BGH als unzulässig angesehene Preisaufteilung im Nachhinein nicht benachteiligt fühlen, weil er den Kredit schließlich genau zu dem effektiven Jahreszins erhalten hat, den er sich bei Vertragsabschluss ausgesucht hat.

Im Gegensatz zu Verbraucherkrediten ist die Preisangabe bei vielen anderen Geschäften des täglichen Lebens mit Preisaufteilung nicht transparent, da es dort einen einheitlichen Vergleichsmaßstab wie den effektiven Jahreszins nicht gibt. Aus rechtspolitischer Sicht muss das verwundern. Dies gilt vor allem für andere Finanzgeschäfte wie die Geld- und Vermögensanlage. Es ist ordnungspolitisch gesehen erstaunlich, dass Verbraucher in unserer Rechtsordnung mehr geschützt werden, wenn sie, wie beim Kredit, fremdes Geld erhalten als wenn sie, wie bei der Geldanlage, eigenes Geld in fremde Hände geben.

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