Leitartikel

Flagge zeigen!

sb - In dem Maße, wie der Klimawandel fühlbarer zu werden scheint, ist "Nachhaltigkeit" zum Modethema geworden. Die meisten Verbraucher denken dabei freilich nicht zuerst an Finanzdienstleistungen. Und doch zeigt das kräftige Wachstum der Banken in der "grünen" Nische, dass das Bewusstsein langsam, aber sicher zunimmt. Und wie immer, wenn sich ein Geschäftsfeld als lohnend erweist, werden Begehrlichkeiten geweckt. Kunden, die auch bei Bankgeschäften auf Nachhaltigkeit achten, wie immer dies im Einzelfall definiert werden mag, sind zwar heute nicht mehr nur die einstigen "Über zeugungstäter", die für die gute Sache auch Abstriche an der Rendite ihrer Anlagen in Kauf zu nehmen bereit waren. Zur Gruppe der Schnäppchenjäger, die immer nur auf den letzten Cent achten, gehören sie aber auch nicht. Allein dies ist angesichts des Preiswettbewerbs im Retailbanking schon eine Menge wert. Und kann eine Bank sie nicht nur mit ökologisch, sozial oder ethisch vertretbaren Geldanlagen, sondern auch mit ihrem gesamten Geschäftsmodell überzeugen, sind sie deshalb auch weniger wechselbereit.

Angebote an die Zielgruppe sind bei deutschen Kreditinstituten aber noch unterrepräsentiert. Wer im Internetangebot seiner Hausbank gezielt danach sucht, wird zwar zumeist fündig. Richtig präsentiert werden nachhaltige Produkte aber nur selten. Oftmals ergibt das Suchwort "Nachhaltigkeit" auch nur Hinweise auf die im Geschäftsmodell von Sparkassen und Genossenschaftsbanken verankerte Verantwortung für die Region oder auf interne Klimaschutzmaßnahmen. Das alles ist gut und richtig. Die Wahrnehmung der Primärbanken der beiden

Verbünde als Kreditinstitute, die sich nicht nur dem Profit, sondern auch der Gesellschaft verpflichtet fühlen, hat ihnen in der Vertrauenskrise neue Kunden zugetrieben. Um die gezielt nach "Nachhaltigkeit" suchenden Kunden überzeugen zu können, muss in Sachen Kommunikation aber noch viel mehr getan werden. Bei der Erklärung des Geschäftsmodells ließe sich manche Anleihe bei den speziell ausgerichteten Banken wie GLS Bank, Umweltbank oder auch den Kirchenbanken machen, die das jetzt so aktuelle Thema Transparenz sehr früh weit vorangetrieben haben. Doch auch die Präsentation der Produkte muss deutlicher werden - und zwar bis hin zum Suchmaschinenmarketing. Unbestritten: Das alles kostet Geld. Doch der Aufwand dürfte lohnen, weil die Anforderungen der Öffentlichkeit an die Transparenz der Kreditwirtschaft eher zunehmen als sinken werden, und weil Nachhaltigkeit vermutlich mehr ist als nur eine rasch vorübergehende Modeerscheinung.

Noch ist die Nische klein, wie die vom Bundesumweltministerium und dem Bundesumweltamt durchgeführte Studie "Umweltbewusstsein in Deutschland" aus dem vergangenen Jahr zeigt. Nur vier Prozent der deutschen Haushalte haben derzeit Geldanlagen in erneuerbare Energien, acht Prozent planen, entsprechend zu investieren, 31 Prozent können es sich eventuell vorstellen. 57 Prozent dagegen lehnen solche Geldanlagen noch kategorisch ab. Hier könnten sich aber gerade für die Filialbanken Chancen in der Beratung auftun. Denn die Ablehnung nachhaltiger Geldanlagen könnte damit zusammenhängen, dass solchen Produkten geringere Renditeerwartungen unterstellt werden als konventionellen Anlagen. Dass es durchaus umgekehrt sein kann, gilt es in der Beratung zu thematisieren. Und auch die Tatsache, dass institutionelle Investoren bei verantwortlichen Investments zu 74 Prozent die Optimierung der Risiken im Blick haben, mag vor allem für solche Kunden, die der Wertpapieranlage aus Misstrauen den Rücken gekehrt haben, ein Argument sein. Beispiele von Platzbanken, die aktiv mit "grünen" Produkten (die sich freilich nicht auf das Thema Umwelt beschränken müssen) an den Markt gegangen sind, so etwa die Kreissparkasse Steinfurt (siehe Seite 16) oder die Volksbank Garrel (vergleiche bank und markt 2/2010) zeigen jedenfalls, dass sich dies durchaus lohnen kann.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X