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Kooperationen - Genossenschaftsbanken: die neuen Postbanken?

Schon durch seinen Namen machte der Genossenschaftsverband e. V. seinen Anspruch auf überregionale Bedeutung gleich bei Gründung im Jahr 2009 geltend. Nun stellte der "Regionalverband", dessen Verbandsgebiet 13 Bundesländer (alle außer Bayern, Baden-Württemberg und Nord-rhein-Westfalen) und mithin einen Großteil der Republik umfasst, ein bundesweites Angebot an die Genossenschaftsbanken namens Geno-Post eG vor, das vom BVR begleitet und unterstützt wird.

Schließung der Deutsche-Post-Filialen hinterlässt Lücken

Prinzipiell versteht sich die Geno-Post als Einkaufsgemeinschaft, die die Postaktivitäten der Unternehmen im genossenschaftlichen Verbund bündelt, deren Volumen 150 Millionen Euro jährlich beträgt. Zudem will sie den Volks- und Raiffeisenbanken ermöglichen, ihren Kunden standardisierte Postdienstleistungen anzubieten. Stoßrichtung der Initiative ist es dabei, die Marktlücke zu schließen, die die Deutsche Post durch Schließung ihrer selbst betriebenen Filialen bis Ende des Jahres 2011 vor allem in den ländlicheren Gegenden Deutschlands hinterlassen wird.

Um Entsprechendes zu organisieren, haben sich im vergangenen Jahr fünf Unternehmen zusammengetan: die Volksbank Raiffeisenbank Meißen Großenhain, die Hannoversche Volksbank, die Volksbank Mosbach, der DG Verlag sowie die Geno-Consult als Tochterunternehmen des Genossenschaftsverbandes. Sowohl die Hannoversche Volksbank als auch die Volksbank Raiffeisenbank Meißen Großenhain hatten bereits im Jahr 2008 Pilotprojekte mit regionalen Postdienstleistern gestartet - offenbar mit zufriedenstellendem Erfolg. Die Volksbank Raiffeisenbank Meißen Großenhain jedenfalls weist für das vergangene Jahr rund 400000 zugestellte Briefe und 11500 Pakete aus.

Die Geno-Post sieht ein Modell vor, wie es derzeit bereits in Hannover praktiziert wird: Für den Betrieb ihrer Poststelle kann die einzelne Genossenschaftsbank zwischen dem Einsatz eigener Mitarbeiter und einem Shop-in-Shop-System wählen. Letzteres kann dann wahlweise auch weitere Dienstleistungen enthalten wie beispielsweise einen Schreibwarenladen, eine Internet-Apotheke oder einen Copy-Shop. In der Hannoverschen Volksbank wurde beispielsweise in den großen Filialen das Shop-in-Shop-System umgesetzt, in den kleineren Filialen sind die Mitarbeiter der Bank fürs Postgeschäft zuständig.

Dass die Kombination der Geschäftsfelder Bank und Post nahe liegt und dass sie funktionieren kann, wird verdeutlicht durch die Tatsache, dass sich in den meisten europäischen Ländern mit den Postbanken entsprechende Marktteilnehmer fest etabliert haben. Auf den ersten Blick scheinen die Genossenschaftsbanken denn auch geradezu prädestiniert für einen entsprechenden Vorstoß, denn sie können ohne Zweifel ihr dichtes Filialnetz für Synergieeffekte nutzen - gerade in der Provinz.

Aus Sicht der Genossenschaftsbanken dürfte das Hauptmotiv zur Teilnahme an der Geno-Post die Generierung eines Kundenzustroms sein. Das kann durchaus gelingen, doch muss dieser dann auch genutzt werden. Gehen die Kunden lediglich ein und aus, ist der Bank damit nicht geholfen. Entsprechende Konzepte für die Erschließung des neuen Kundenpotenzials zu entwickeln dürfte daher ein entscheidender Faktor für den Erfolg sein.

Die Insolvenzen verschiedener Neueinsteiger in den Markt mit Postdienstleistungen wie beispielsweise der Paketeria AG sowie die heftige Auseinandersetzung um einen Mindestlohn in diesem Gewerbe haben gezeigt, dass auch ein weiteres Ziel der Genossenschaftsbanken, mit dem neuen Geschäftsfeld die Provisionserträge zu verbessern, zumindest nicht leicht zu erreichen sein dürfte.

Geno-Post wird über externe Dienstleister ausliefern

Denn die übermächtige Konkurrenz in Gestalt der Deutschen Post zieht sich nicht vollkommen aus den ländlichen Gebiete zurück. Filialen werden weiterhin von Partnerunternehmen betrieben, beispielsweise den Tante-Emma-Läden vor Ort. Gegen diese kann die jeweilige Genossenschaftsbank nur dann punkten, wenn sie entweder einen besseren Service (beispielsweise kundenfreundlichere Öffnungszeiten) oder aber einen niedrigeren Preis bietet.

In Meißen-Großenhain, so darf man konstatieren, gelingt mindestens Letzteres derzeit. Dort kann man über die Paketeria-Post einen Kompaktbrief für 0,45 Euro verschicken. Wie profitabel das ist, steht auf einem anderen Blatt. Letztendlich wird die Geno-Post über externe Dienstleister ausliefern und das kann explizit auch die Deutsche Post sein, die dem Endkunden wiederum für einen Standard-Brief derzeit 0,55 Euro abknöpft.

In der Sparkassen-Organisation wurde jedenfalls der Versuch, in den Markt für Postdienstleistungen einzusteigen, aufgegeben. Das Pilotprojekt, das gleichzeitig mit dem Wegfall des Briefmonopols der Deutschen Post zum 1. Januar 2008 in der Sparkasse Leipzig startete, wurde im ersten Quartal 2010 eingestellt.

Markenversprechen der Genossenschaftsbanken in Gefahr?

Auch zu einer Gefahr für das Markenversprechen der Volks- und Raiffeisenbanken kann der neue Service sich entwickeln. Diese steht für Zuverlässigkeit und Kontinuität, doch können diese Eigenschaften auch für die externen Partner garantiert werden? Dazu kommt: Verschwimmt nicht das Markenbild vom seriösen Kreditinstitut, wenn sich in der Filiale ein kleiner Krämerladen mit Schreibwaren, Handys, Druckerpatronen und Internet-Terminals breit macht? Zumal die Genossenschaftsbank vor Ort genauestens prüfen muss, ob sie mit entsprechenden Angeboten nicht einem ihrer Kunden Konkurrenz macht.

Bundesweit haben bereits 240 Genossenschaftsbanken Interesse an der Idee bekundet, zehn Häuser haben die Umsetzung konkret angekündigt. Zu den drei Banken, die im Gründungskreis vertreten sind, kommen drei Primärbanken in Rheinland-Pfalz, eine in Thüringen, zwei in Baden-Württemberg und zwei in Nordrhein-Westfalen hinzu - mithin kommt die Hälfte der bereits involvierten Primärbanken aus Bundesländern, die nicht im Zuständigkeitsbereich des Genossenschaftsverbandes liegen.

Wie es weiter geht, scheint aber ungewiss. Denn mit der jüngst bekannt gegebenen Übernahme von 277 der 475 zur Schließung anstehenden Postfilialen durch die Postbank haben sich die Grundvoraussetzungen des Konzepts zumindest deutlich verändert. hm

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