Blickpunkte

Privatkundengeschäft - Wandel im Stagnationsmarkt

Die Ertragssituation im deutschen Privatkundengeschäft hat sich leicht erholt, so das Ergebnis der Privatkundenstudie 2012 der zeb/rolfes.schierenbeck-associates GmbH, Münster. Nach dem deutlichen Rückgang der Gesamterträge im Jahr 2009 war es schon 2010 wieder leicht aufwärts gegangen. Und auch 2011 gab es ein Plus von vier Prozent. Damit hat es sich aber auch schon mit den guten Nachrichten. Denn mit Gesamterträgen von 57,1 Milliarden Euro blieb die Er tragssituation immer noch um drei Milliarden Euro hinter dem Jahr 2005 zurück. Von einer echten Trendwende kann also noch nicht gesprochen werden. Hinzu kommt: Ertragstreiber sind die Haushalte der oberen Einkommenssegmente. Das Retailgeschäft bleibt aber ein Stagnationsmarkt, in dem der Konditionenwettbewerb zulasten der Margen geht und kaum Er tragssteigerungen zulässt. Mittelfristig ist darüber hinaus mit einer weiteren Verschärfung des Wettbewerbs zu rechnen, nicht zuletzt bei den Einlagen, in den sich auch die Versicherer immer stärker einklinken. Und nach wie vor testen Auslandsbanken den deutschen Markt.

Der langfristige Trend zur Vorsoge setzt sich weiter fort. Mit anderen Worten: Das Versicherungsgeschäft wird für Kreditinstitute wichtiger. Trugen Versicherungen im Jahr 2005, als die Studie erstmals aufgesetzt wurde, noch 17 Prozent zu den Ertragspotenzialen bei, waren es 2011 bereits 20 Prozent - zulasten der Bankprodukte, deren Anteil von 74 auf 71 Prozent zurückging. Dementsprechend gewinnt auch der Provisionsertrag wieder an Bedeutung. Provisionen steuerten im vergangenen Jahr 39 Prozent zu den Gesamterträgen bei, zwei Prozentpunkte mehr als 2005.

Strategisch bewegen sich die Kreditinstitute im Spannungsfeld zwischen Digitalisierung und einer immer stärker in die Geschäftsmodelle eingreifenden Regulatorik. Und daraus ergibt sich ein Problem der Ressourcenverteilung, bei dem das Regulierungsthema des aufsichtsrechtlichen Drucks wegen meist Priorität hat.

MiFID II mit der Verpflichtung auszuweisen, ob abhängig (gegen Provision) oder unabhängig beraten wird, kann dabei zu einem Problem der Positionierung werden - sofern die entsprechenden Pläne nicht doch noch vom EU-Parlament gestrichen werden, wogegen die Honorarberater derzeit Sturm laufen. Allerdings ist nicht unbedingt davon auszugehen, dass alle Anbieter das Prädikat "unabhängig" anstreben. Für die Privatbanken, die sich rein dem Private Banking verschrieben haben, ist die Unabhängigkeit wohl unabdingbar. Doch auch für die abhängige Beratung sieht Zeb im Markt durchaus eine Berechtigung und gute Marktchancen. Hier habe der Meinungsbildungsprozess gerade erst begonnen.

Dabei gilt es unter anderem zu prüfen, welche Zahlungsströme von welchen Partnern kommen, wie diese sich möglicherweise MiFID-unbedenklich umleiten lassen und wie sich das mit vertretbarem Aufwand in der IT abbilden lässt. Gleichzeitig werden alternative Preismodell zu entwickeln sein. Das alles spielt sich einstweilen aber erst im Hintergrund ab. Von einem breiten Durchsetzen der Honorarberatung im Markt ist in den nächsten Jahren wohl nicht auszugehen. Allerdings werden immer mehr Anbieter Mischformen wie "All-in-Fees" oder performanceabhängige Gebühren testen.

Das Thema reicht letztlich bis in die Filialstrategie hinein. Die Umsetzung einer MiFID- oder WPHG-freien Filiale werde wohl schwierig sein, so Ulrich Hoyer von Zeb. Weil aber in der Fläche nicht überall entsprechende Beratungskompetenz vorgehalten werden könne, hält er es für durchaus realistisch, Anforderungen künftig verstärkt durch die Zuschaltung von Spezialisten per Video abzubilden. Und damit schließt sich wieder der Bogen zum veränderten Kundenverhalten in Richtung Digitalisierung. Bis 2020 wird der Studie zufolge der Anteil der online erwirtschafteten Erträge von 17 bis 21 Prozent im Jahr 2009 auf 37 bis 46 Prozent steigen. Das "Ropo"-Ertragspotenzial von 45 bis 53 Prozent mit denjenigen Kunden, die sich online informieren, dann aber in der Filiale abschließen, kommt noch hinzu. Die Filiale werde dadurch nicht ihre Relevanz verlieren. Ein größeres Filialsterben sei schon allein deshalb nicht zu erwarten, weil gleichzeitig in größeren Banken der Trend in Richtung einer Betonung der Regionalität gehe. Der Wandel in der Rolle der Filiale und der stärkeren Differenzierung von Filialtypen wird aber weitergehen. Hierfür gilt es, frühzeitig mehrjährige Umbaupläne zu entwickeln. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X