Leitartikel

Egoismen in der Gruppe?

sb - Wenn sich die Sparda-Banken im genossenschaftlichen Verbund mittlerweile gut integriert fühlen und allenfalls auf regionaler oder lokaler Ebene noch Reibereien konstatieren, liegt dies sicher nicht zuletzt am Gewicht, das die Gruppe in der Genossenschaftsorganisation erreicht hat. Mit einer durchschnittlichen Bilanzsumme von 4,4 Milliarden Euro zählen die zwölf Institute durchweg zu den größeren Genossenschaftsbanken. In der BVR-Mitgliederliste zählen sie allesamt zu den 100 größten Banken, fünf von ihnen gehören gar zur Spitzengruppe der größten zehn. Und mit 2,89 Millionen Mitgliedern Ende 2007 stellen sie immerhin rund jedes sechste Mitglied des Finanzverbunds.

Mit der wachsenden Größe der einzelnen Häuser scheint freilich auch die einstige Geschlossenheit der Gruppe aufzuweichen. Öffentlichkeitswirksame Machtkämpfe, wie man sie aus dem übrigen Genossenschaftslager kennt, gibt es einstweilen freilich nicht - dazu ist der Kreis vermutlich doch zu überschaubar. Auch rafft man sich in wesentlichen Fragen wie zum Beispiel der 2007 erstmals gestarteten gemeinsamen überregionalen Werbung, der Entwicklung des "Privatkredit" als Antwort auf den "Easy Credit" oder der deutlich vom BVR-Konzept abweichenden Debitstrategie mit der Einführung von "Maestro-Only" zu gemeinsamen Konzepten auf. Dennoch bestätigen Vorstände vor Ort, dass mit zunehmender Größe die Egoismen zunehmen. Und auch der Verband registriert ein stärkeres Pochen der einzelnen Häuser auf der eigenen Vertriebshoheit. Ein Beispiel hierfür ist der bei den Spardas "Privatkredit" genannte Konsumentenkredit, der von den einzelnen Häusern durchaus unterschiedlich bewertet wird. Vom Verband wird er als "kein zentrales Produkt" bezeichnet, dessen Anteil am Kreditgeschäft unter zehn Prozent liegt. Die Sparda-Bank Hessen bestätigt diese Einschätzung. Die Nachfrage sei 2007 sogar leicht zurückgegangen. Die Sparda-Bank Südwest dagegen hat 2007 doppelt so viele Konsumentenkredite verkauft wie im Vorjahr und meint, die Sparda-Banken würden in diesem Geschäftsfeld mittlerweile als Anbieter wahrgenommen. Bei den Berlinern ist es ein "Wachstumsfeld" mit einer Steigerung um 18,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr und einem Neugeschäftsanteil von rund 23 Prozent; der Einstieg ins Kooperationsgeschäft mit Kfz-Händlern ist mit Kfz-Finanzierungen in Höhe von sieben Millionen Euro gelungen. Und für die Sparda West gewinnt das Produkt so große Bedeutung, dass man es weiter forcieren will, weil es sich - trotz des vergleichsweise verschwindend geringen Gesamtvolumens - mittlerweile als profitabler erwiesen hat als die Baufinanzierung. Dass die einzelnen Häuser vielleicht stärker noch als vor einigen Jahren individuelle Wege einschlagen, liegt freilich auch an den Rahmenbedingungen (siehe Kasten Seite 11). Denn obwohl das Geschäftsmodell der Sparda-Banken nach Aussage von Verbandschef Laurenz Kohlleppel "noch intakt" ist, die Wanderungsbewegungen der Kunden nicht zuungunsten der zwölf Institute ausfallen und es bei den Vertriebserfolgen "kein Einknicken" gibt, spürt man doch den härter gewordenen Wettbewerb um den privaten Kunden. Mit einer Ausweitung des Vertriebsnetzes wie bisher kann man dem nur noch eingeschränkt begegnen. Denn das gebührenfreie Girokonto gilt als so wesentliches Wahrnehmungsmerkmal der Spardas, dass man daran nicht rühren will. Weil man den Provisionsverzicht aber bei den Verwaltungskosten einsparen muss, sind der Filialisierung Grenzen gesetzt. Und mit 426 Geschäftsstellen und 237 SB-Standorten, zu denen 2008 noch einmal jeweils acht hinzukommen sollen, sei eine Größenordnung erreicht, die nicht mehr weiter ausgeweitet werden könne. Auch jetzt schon liegt die Cost Income Ratio im Schnitt bei 69,8 Prozent. Bei der Sparda-Bank West sind es sogar 75 Prozent. Dass die Düsseldorfer als erstes den Einstieg ins Jugendmarketing vollzogen haben, das den Spardas lange Zeit als unnötig galt, ist insofern nur konsequent. Letztlich zeigt die Gruppe dann doch wieder Einigkeit: das in Düsseldorf entwickelte Kontomodell "Young Plus" soll jetzt auch von den übrigen Häusern übernommen werden.

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